Mammographie-Screenings sollen gefährliche Brustkrebsformen früh erkennen, invasive Therapien vermeiden und die Mortalität senken. Und sie stehen in der Kritik, genau diese Ziele nicht zu erreichen. Eine Studie aus den USA gießt nun Wasser auf die Mühlen der Kritiker.
Die Anfang Juli in JAMA publizierten Ergebnisse kommen zu einem klaren Fazit: Mammographie-Screening-Programme führen zur zusätzlichen Diagnose kleiner Brustkrebsformen mit einem Durchmesser von weniger als zwei Zentimetern. Auf die 10-Jahres-Überlebensrate scheinen sie sich jedoch nicht positiv auszuwirken. Nach Meinung der Forscher legen die Ergebnisse den Verdacht von Überdiagnosen nahe. Sie gehen davon aus, dass ein Großteil der zusätzlich diagnostizierten Tumoren niemals klinisch auffällig wird.
Im Rahmen ihrer Studie haben Charles Harding und ein Wissenschaftler-Team von der Harvard Universität in Cambridge sowie dem Dartmouth Institut für Gesundheitspolitik und klinische Praxis in Hanover die Daten des Nationalen Krebsinstituts hinsichtlich Monitoring, Epidemiologie und verschiedener Endpunkte bei Brustkrebs analysiert. In ihre Studie schlossen sie Daten aus insgesamt 547 US-Bezirken ein. Die Voraussetzung: Sie hatten in den Jahren 1998 und 2000 Daten zu Mammographie-Screenings erhoben, insbesondere zum prozentualen Anteil von Frauen im Alter von 40 Jahren oder darüber, die Screening-Programme in Anspruch genommen hatten. Unter den insgesamt 16 Millionen Frauen waren 53.207, bei denen Brustkrebs diagnostiziert wurde. Sie wurden für die weiteren 10 Jahre regelmäßigen Nachbeobachtungen unterzogen. In diesem Zeitraum verstarben 15 Prozent an den Folgen von Brustkrebs und 20 Prozent aus anderen Gründen. Der prozentuale Anteil von Frauen, die an Mammographie-Screenings teilgenommen hatten, variierte zwischen 39 und 78 Prozent. Je höher der Anteil teilnehmender Frauen, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer frühen Diagnose und Therapie, sinkende Sterblichkeit eingeschlossen – soweit die Erwartung.
Auf Basis der Datenanalysen fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Inzidenz mit wachsenden Screening-Raten kontinuierlich zunimmt. Ein Anstieg um 10 Prozent ist gleichbedeutend mit einem Anstieg diagnostizierter Neuerkrankungen um 16 Prozent. Die 10-Jahres-Überlebensrate nach Brustkrebsdiagnose bleibt der Studie zu Folge unverändert, egal ob die Screening-Rate in den betreffenden US-Bezirken hoch oder niedrig war. Die Brustkrebssterblichkeit konnte demnach also nicht gesenkt werden. Auch kam es nicht zu einer signifikanten Abnahme großer Tumoren, die in Folge eines mehr oder weniger engmaschigen Screenings zu erwarten gewesen wäre.
Die aktuellen Studienergebnisse sind aus Sicht der Studienautoren ein weiterer Hinweis für die Problematik von Überdiagnosen im Rahmen von Mammographie-Screening-Programmen. Den grundsätzlichen Nutzen der Mammographie stellen die Autoren jedoch nicht in Frage. Originalpublikation: Breast Cancer Screening, Incidence, and Mortality Across US Counties Charles Harding et al., Journal of the American Medical Association, doi:10.1001/jamainternmed.2015.3043, Juli 2015