Die Funktion des Proproteins PCSK6 war bisher unbekannt. Nun könnte es sich für Herzpatienten als Biomarker und therapeutischer Ansatzpunkt bei Herzinfarkt und Fibrose entpuppen.
Eine neue Methode, um gestresste Herzmuskelzellen untersuchen zu können, haben Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg entwickelt. Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurden Proteine identifiziert, die bei einem Herzinfarkt eine Rolle spielen und eine Grundlage für mögliche therapeutische Ansätze geschaffen. Mit dem Analyseverfahren, das Prof. Florian Leuschner und Tim Christian Kuhn von der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie entwickelt haben, lässt sich untersuchen, wie Herzmuskelzellen nach einem Herzinfarkt kommunizieren.
Das Verfahren der Heidelberger Forscher basiert auf der Massenspektrometrie. „Bislang war es nicht möglich, die Proteine, die bei der Kommunikation von Herzzellen ausgeschüttet werden, umfassend zu untersuchen“, erklärt Leuschner. „Deswegen haben wir die Massenspektrometrie verfeinert.“ Die Ergebnisse der Arbeit wurden im renommierten Fachjournal Circulation veröffentlicht.
Die beiden Mediziner nahmen sich Herzzellen vor, die im Stress sind. Das ist zum Beispiel bei einem lebensbedrohlichen Herzinfarkt der Fall. Ursache ist: Ein Herzkranzgefäß, das die Zellen mit Blut versorgt, ist verschlossen. Infolgedessen erhalten die Herzmuskelzellen nicht mehr ausreichend Sauerstoff und geraten in Stress. Herzmuskelgewebe stirbt ab, wie viel Gewebe betroffen ist, hängt davon ab, ob ein größeres Blutgefäß oder nur kleinere abgedichtet sind. „Im Zentrum des Infarktgeschehens sterben die Zellen sofort“, sagt Leuschner. „In weiter entfernten Regionen leiden die Zellen zwar auch an Sauerstoffmangel. Sie sterben jedoch nicht sofort ab. Diese Zellen könnte man noch retten.“
Dieser Aspekt ist wichtig, um Folgeschäden nach einem Herzinfarkt zu minimieren. Im Herzen ersetzen vermehrt Fibroblasten die abgestorbenen Herzzellen. Es entsteht eine Fibrose. Das Herz wird immer steifer und kann schließlich nicht mehr genügend Blut in den Körper pumpen. Eine Herzschwäche kann die Folge sein. „Um hier therapeutisch eingreifen zu können, ist ein genaues Verstehen der zugrundeliegenden Mechanismen von großer Bedeutung“, ergänzt Prof. Norbert Frey, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie.
Bei ihren Untersuchungen setzten die Forscher Herzmuskelzellen aus Tiergewebe in eine Zellkammer. Das ist eine kleine Box, in der lebende Zellen geschützt unter die Lupe genommen werden können. „In der Kammer erhielten die Zellen aber nur 1,5 Prozent Sauerstoff“, erläutert Kuhn das Vorgehen, „also deutlich weniger als unter physiologischen Bedingungen. Das heißt, die Zellen erlitten wie beim Herzinfarkt Sauerstoffmangel und damit Stress.“
Das Ergebnis der Untersuchungen: Die Mediziner fanden 42 Proteine, die von den gestressten Zellen entweder weniger oder verstärkt freigesetzt wurden. Einige davon waren im Zusammenhang mit dem Herzinfarkt bislang völlig unbekannt. „Das sind die für uns interessanten Proteine“, hebt Kuhn hervor. Eines von ihnen ist das Proprotein convertase subtilisin/kexin type 6 (PCSK6), dessen Funktion bislang unbekannt war. Die Heidelberger Forscher haben in ihren Experimenten nun entdeckt, dass dieses Eiweiß möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Fibrose im Herzen spielt.
Diese Ergebnisse lassen sich vermutlich auch auf menschliche Herzzellen übertragen. So zeigte sich im Blut von Patienten nach einem Herzinfarkt vermehrt PCSK6. „Am höchsten war der Level im Blut am dritten Tag nach dem Infarkt“, so Kuhn.
Patienten könnte PCSK6 nach einem Herzinfarkt in Zukunft doppelt dienen: Erstens, indem man das Protein therapeutisch blockiert und so eine Fibrose und die damit einhergehende Herzschwäche bremst. Dafür gibt es ein Vorbild, nämlich die Blockade von PCSK9, einem anderen PCSK-Protein, zur Cholesterinsenkung. Zweitens könnte PCSK6 als Biomarker im Blut anzeigen, dass die Herzzellen nicht genug Sauerstoff bekommen.
Zur vollständigen Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg kommt ihr hier. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Pavan Trikutam, Unsplash