Die Inzidenz des hepatozellulären Karzinoms (HCC) ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Mittlerweile ist es die fünfthäufigste Tumorentität weltweit und mit der zweithöchsten Sterblichkeit verbunden.1,2 In Deutschland treten jährlich rund 9.000 Neuerkrankungen auf, bei fast 8.000 tumorassoziierten Todesfällen.3 Die Ursachen sind dabei in bis zu 90 % der Fälle bekannt1, denn das HCC tritt mehrheitlich bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren auf.2
In der gut definierten Risikogruppe, den Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, liegt dem HCC oftmals eine Leberzirrhose zugrunde, deren Auslösern unter anderem eine chronische virale Hepatitis (HBV oder HCV), chronischer Alkoholkonsum oder die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD bzw. NASH) zählen.4 Das frühzeitige Erkennen von sowohl chronischen Lebererkrankungen als auch einer Leberzirrhose bildet damit die wichtigste Strategie in der HCC-Prävention und ist ein entscheidender Faktor für die Prognose im Falle bereits vorliegenden Erkrankung.2,5
Obwohl die Risikofaktoren bekannt sind, wird das HCC meist erst in späteren Krankheitsstadien erkannt. In diesem Setting sind dann nur noch ca. 20 % der Patienten für kurative Therapieoptionen wie eine Resektion und/oder Lebertransplantation geeignet. Aus diesem Grund ist eine gründliche und regelmäßige Surveillance von entscheidender Bedeutung.2,5 Doch Studiendaten zeigen, dass dies nur auf ca. 30 % der Zirrhose-Patienten in Europa und den USA zutrifft.6
Dabei kommt dem Hausarzt bei der Früherkennung und Prävention des HCC eine wichtige Rolle zu. Ihm obliegt die Identifizierung von Risikopatienten sowie die Weiterüberweisung an einen entsprechenden Spezialisten zur Diagnosefindung und Therapieinitiierung. Außerdem sollte die Steuerung einer regelmäßigen, langfristigen Surveillance dem Hausarzt überlassen werden (Abb. 1).2
Abbildung 1. Aufgaben des Hausarztes bei der Früherkennung und bei der Prävention der Leberkrebserkrankung. Adaptiert nach Veelken et al. (2018)2
Besonders bei den nachfolgenden Patientengruppen ist eine regelmäßiges HCC-Surveillance – gemäß S3-Leitlinie der DGVS in einem 6-Monats-Intervall – indiziert:2
Patienten mit Leberzirrhose Child-Pugh A/B unabhängig von der Grunderkrankung
Patienten mit Leberzirrhose Child-Pugh C, die sich auf der Warteliste für eine Lebertransplantation befinden
Patienten mit chronischer Hepatitis B (auch unter Therapie)
Patienten mit Fibrose 3. Grades und individuell anamnestisch erhöhtem Risiko
Patienten mit nichtalkoholischer Steatohepatitis, unabhängig vom Grad der Fibrose bzw. Vorhandensein einer Zirrhose
Da sich der Ultraschall des Bauchraums zur primären Detektion von suspekten Leberrundherden als gut geeignetes Verfahren erwiesen hat, sollte sie an erster Stelle der halbjährlichen Vorsorgeuntersuchung stehen.2 Diese kann durch eine Bestimmung des Alpha-Fetoproteins (AFP), einem HCC-spezifischen Biomarker, erweitert werden. Eine Empfehlung diesbezüglich ist laut Leitlinie jedoch nicht mehr gegeben.2,7
All dies zeigt: Risikofaktoren für die Entwicklung eines HCC sind gut definiert und geeignete Screeningmethoden stehen zur Verfügung. Damit Risikopatienten allerdings identifiziert werden und sich in der Folge einem regelmäßigen Screening unterziehen können, ist die Rolle der Hausärzte für die Früherkennung und Prävention des HCC essentiell.
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Referenzen:
European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines: Management of hepatocellular carcinoma. J Hepatol. 2018; 69(1): 182–236.
Veelken R, Böhlig A, Berg T. Leberkrebs: Screening ist Aufgabe des Hausarztes. Der Hausarzt 2018 (17): 49–53.Artikel online upgedatet: 25.11.2019: https://www.hausarzt.digital/medizin/diabetologie/leberkrebs-screening-ist-aufgabe-des-hausarztes-41465.html. Zuletzt abgerufen: 07.10.2020.
Krebs in Deutschland für 2015/2016. 12. Ausgabe. Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg). Berlin, 2019.
Kanwal F, Singal AG. Surveillance for Hepatocellular Carcinoma: Current Best Practice and Future Direction. Gastroenterology. 2019; 157(1): 54–64.
Marquardt J et al. Surveillance of Hepatocellular Carcinoma and Diagnostic Algorithms in Patients with Liver Cirrhosis. Visc Med. 2016; 32: 110–115.
Mehta NJ, Celik AD, Peters MG. Screening for hepatocellular carcinoma: What is missing? Hepatol Commun. 2016; 1(1): 18–22.
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms, Langversion 1.0. Stand: Mai 2013.