Der Corona-Test war negativ. Trotzdem musste mein Bekannter auf die Intensivstation. Sein Zustand ist selbst nach drei Notoperationen noch kritisch.
Noch vor etwa einem Monat war ich beruhigt, wenn ein hustender Patient mir in der Apotheke versicherte, er sei negativ getestet und „nur“ erkältet. Das hat sich inzwischen geändert, denn ich habe im nahen Umfeld erfahren müssen, was ein negativer Corona-Test wert ist. Im Grunde scheint eine 50:50-Chance zu bestehen, dass er richtig liegt … oder eben auch nicht.
Zunächst einmal: Ich habe keine panische Angst davor, mich anzustecken. Das kann ich mir in meinen Jobs als PTA in der Apotheke und als Lehrerin an der Mannheimer PTA-Berufsschule auch gar nicht leisten. Außerdem habe ich einen Sohn, der noch die Grundschule besucht. Aber ich habe einen gesunden Respekt vor der Erkrankung.
Selbst wenn ich erst im mittleren Alter und meines Wissens nach recht gesund bin, kann ich das Virus an andere Menschen mit schlechteren Voraussetzungen weitergeben. Das ist mir bewusst und ich versuche, verantwortungsvoll mit diesem Wissen umzugehen. Der nahe und ungeschützte Umgang mit falsch negativ getesteten Personen wäre für mich also ein riesiges Problem.
In meinem näheren Umfeld gibt es nun einen Fall, von dem ich gerne erzählen möchte, damit sich jeder, der mit vielen Menschen Kontakt haben muss, dieser Verantwortung bewusst ist. Denn: Ein negativer Test ist eben immer nur eine Momentaufnahme und Vorsicht sollte man trotzdem immer walten lassen.
Wir sprechen hier über einen Mann im Alter von knapp 60 Jahren. Er hatte bis zu seiner Erkrankung lediglich seine gesundheitlichen Zipperlein, die man in diesem Alter eben oft mit sich herumträgt. Nichts davon jedoch akut lebensbedrohlich. Keine Rede davon, dass er „sowieso nur noch ein paar wenige Jahre vor sich hat“, wie man von der Seite der Maßnahmengegner immer wieder hört. Er hat noch aktiv in seiner eigenen Firma gearbeitet, hat Kunden besucht, stand voll im Leben.
Plötzlich fühlte er sich nicht mehr wohl. Hatte Schmerzen im Unterbauch, einen metallischen Geschmack im Mund und keinen Appetit mehr. Er ging zum Arzt, der vorsorglich einen Abstrichtest bei ihm machte. Diagnostiziert wurde zunächst eine Blasenentzündung, der Corona-Test war negativ. Er bekam Antibiotika und ging davon aus, dass es schon wieder besser wird.
Doch das Wochenende kam und es wurde nicht besser. Montags traten dann plötzlich Wortfindungsstörungen auf. Der Mann wurde mit Verdacht auf einen Schlaganfall auf eine Stroke-Unit gebracht. Dort wurde vorsorglich noch ein Schnelltest gemacht, auch dieser negativ. Es gab keine Anzeichen für einen Schlaganfall, doch verschiedene Symptome wiesen auf ein Problem mit der Lunge hin, die genauer untersucht wurde. Die Aussage der Ärzte war klar: Es deutete alles auf eine Corona-Infektion hin, obwohl der Mann die ganze Zeit niemals über typische Symptome, wie Husten, geklagt hatte.
Trotz zwei negativer Tests kam er auf die Corona-Station, wo wieder ein Abstrichtest gemacht wurde, der nun plötzlich positiv war. Seine gesundheitliche Lage verschlechterte sich daraufhin rapide und dramatisch. Er wurde auf die Corona-Intensiv verlegt, wo er etwa vier Wochen lang beatmet wurde und inzwischen drei Not-OPs überstanden hat. Sein Zustand hat sich inzwischen gebessert, bleibt aber weiterhin kritisch.
Wie sieht es mit Tests bei seinen Angehörigen aus? Seine Schwester, mit der er viel Kontakt hatte, klagte kurz nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus über Symptome und wurde negativ getestet. Sie bestand aufgrund inzwischen schwerer Symptome auf einem weiteren Test, der dann positiv ausfiel. Sie kam mit gravierenden gesundheitlichen Problemen auf die Intensivstation, muss aber nicht beatmet werden.
Seine Tochter wurde – weitgehend symptomlos – positiv getestet. Seine Frau wurde mit typischen Symptomen dagegen zweimal negativ getestet, die symptomlose Stieftochter ebenfalls. Ihr Hausarzt konnte sich das nicht erklären und ging mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass auch seine Frau positiv war. Die beiden Tests, die an ihr durchgeführt wurden, waren wohl einmal zu früh und einmal zu spät genommen worden.
All das hat dazu geführt, dass ich mich nun noch besser schütze, mich nicht sicher fühle, nur weil jemand einen aktuellen negativen Test vorweisen kann. Ich halte mich noch strikter an die vorgegebenen Abstandsregeln und schütze mich bei jeglichem Kontakt mit Menschen, die nicht zu meinem eigenen Haushalt gehören, mit einer FFP-2-Maske.
Auch Menschen, die nicht die typischen Symptome aufweisen, können positiv sein, wie auch Menschen, die negativ getestet wurden.
Das Zeitfenster, in dem die Erkrankten tatsächlich positiv getestet werden, scheint in jedem Fall kleiner zu sein, als ich es noch vor ein paar Wochen angenommen habe. Weitergeben kann man das Virus aber offenbar auch außerhalb dieses eng begrenzten Zeitraumes.
Bildquelle: National Cancer Institute, Unsplash