Um die Planung auf deutschen Intensivstationen zu erleichtern, haben Wissenschaftler jetzt ein Online-Tool entworfen, mit dem man verschiedene Szenarien durchspielen kann.
Zur Bewältigung der SARS-CoV-2-Pandemie halten deutsche Kliniken Intensivbetten frei und fahren den Normalbetrieb herunter. Das erfordert erheblichen Planungsaufwand und ist zugleich mit wirtschaftlichen Einbußen für die Kliniken verbunden – wie die Erfahrungen aus dem Frühjahr gezeigt haben.
Das Institut für Data Science, Engineering and Analytics der TH Köln hat deshalb im Rahmen eines Forschungsprojektes einen Intensivbetten-Simulator entwickelt, der nun als Demo-Version öffentlich zugänglich gemacht wird. Darüber hinaus soll der Simulator auch als Open-Source-Tool verfügbar sein, um in der Science Community weiterentwickelt werden zu können.
„Da ein Ende der Pandemie derzeit nicht abzusehen ist, benötigen Gesundheitsämter, Krisenstäbe und Krankenhäuser ein Werkzeug, um eine vorausschauende Bedarfsplanung von Krankenhauskapazitäten zu ermöglichen. Unser Tool kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten“, erklärt Prof. Thomas Bartz-Beielstein vom Institut für Data Science, Engineering and Analytics.
Der Nutzer kann mit BaBSim.Hospital Szenarien mittels Vorausschau in Tagen und der Basisreproduktionszahl erstellen und den Bedarf an Betten in Krankenhäusern für COVID-19-Patienten berechnen. „Mithilfe der im Verlauf der Pandemie in Deutschland bekannt gewordenen Daten bildet der Simulator im ersten Schritt den typischen Behandlungsverlauf von infizierten Personen nach. Im zweiten Schritt werden aufgrund dieser Simulation und für das von den Nutzerinnen und Nutzern voreingestellte Szenario die entsprechenden Kapazitäten und Bedarfe an Betten auf einer Intensivstation ohne Beatmung und mit invasiver Beatmung ermittelt“, erläutert Eva Bartz, Geschäftsführerin der Bartz & Bartz GmbH, die an dem Projekt beteiligt ist.
Die für die Simulation notwendigen Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den Stationen und die Verweildauern der COVID-19-Patienten wurden durch medizinisches Fachpersonal sowie anhand von etwa einer halben Million Daten statistisch validiert. Hierfür wurden die öffentlich zugänglichen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) verarbeitet. Die Simulationen wurden schließlich mit maschinellen Lernverfahren optimiert.
Um die Verlässlichkeit der Vorhersagen für die voreingestellten Szenarien zu erhöhen, ist eine weitere Validierung mit Medizinern geplant. Zurzeit wird die grafische Darstellung des Simulators im Rahmen von vier Lehrveranstaltungen von Studierenden des Instituts weiterentwickelt.Den Simulator der TH Köln findet ihr hier.
Mehr Infos zu dem Forschungsprojekt BaBSim.Hospital bekommt ihr hier.
Bildquelle: Chris Liverani, Unsplash