Derzeit bestehen Lieferengpässe für die beiden wichtigen Wirkstoffe, die bei Hyperprolaktinämie und Akromegalie eingesetzt werden. Ärzte sollten sich einen Überblick zu möglichen Behandlungsalternativen für Patienten verschaffen.
Viele Patienten, die an Hyperprolaktinämie und Akromegalie leiden, erhalten derzeit in der Apotheke nicht ihr gewohntes Präparat. Grund dafür sind Lieferengpässe. Davon betroffen sind die bei diesen Erkrankungen sehr häufig eingesetzten Wirkstoffe Cabergolin und Bromocriptin. Ein Absetzen der Medikamente würde viele Patienten einem gesundheitlichen Risiko aussetzen.
Falls Patienten ihr gewohntes Präparat in der Apotheke nicht mehr erhalten, sollten sie zeitnah ihren behandelnden Endokrinologen aufzusuchen, rät die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Dann könne gegebenenfalls zur Überbrückung auf ein Arzneimittel eines anderen Herstellers ausgewichen werden, welches denselben Wirkstoff enthält. Die Wirkstoffe Cabergolin und Bromocriptin sind Dopaminagonisten.
Im endokrinologischen Bereich finden die Präparate insbesondere Anwendung zur Behandlung der Hyperprolaktinämie. Diese tritt bei Vorliegen eines Prolaktinoms, einem gutartigen hormonbildenden Tumor im Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse des Gehirns, auf. Dadurch ist der Spiegel des Milchhormons Prolaktin im Blut zu hoch. In der Folge bleibt bei betroffenen Frauen die Monatsblutung aus und sie können nicht schwanger werden. In vielen Fällen tritt auch Muttermilch aus den Brustdrüsen aus. Beim Mann kommt es zu Libido- und Erektionsstörungen und einer Verringerung des männlichen Hormonspiegels bis hin zur Unfruchtbarkeit. Zudem können sich seine Brüste vergrößern.
Auch die Akromegalie geht von einem Tumor der Hirnanhangsdrüse – auch Hypophyse genannt – aus und wird bei manchen Betroffenen ebenfalls mit Cabergolin und Bromocriptin behandelt. Diese Störung hat einen Überschuss von Wachstumshormonen mit einer Vergrößerung von Händen und Füßen zur Folge. Tritt sie bereits vor der Pubertät auf, führt sie zu Riesenwuchs.
Seit einigen Wochen wird über zunehmende Lieferschwierigkeiten beider Substanzen, die von unterschiedlichen Herstellern produziert werden, berichtet. Neben Bromocriptin ist dabei Cabergolin insbesondere in der erforderlichen Dosierung von 0,5 mg pro Tablette nicht erhältlich. Teilweise noch lieferbar ist der Wirkstoff in höheren Dosierungen. Diese sind jedoch lediglich für die Behandlung anderer Krankheiten, wie das Parkinson-Syndrom, zugelassen. „Beim Einsatz zur Therapie der Hyperprolaktinämie müssen diese Tabletten, die denselben Wirkstoff enthalten, geteilt werden. Da das Anwendungsgebiet (Behandlung der Hyperprolaktinämie oder der Akromegalie) dann nicht der Zulassung des Präparates entspricht, sprechen wir von einem Off-Label-Gebrauch. In diesem Falle wird empfohlen, die Krankenkasse wegen der Kostenerstattung zu kontaktieren“, sagt Prof. Jürgen Honegger von der Arbeitsgemeinschaft Hypophyse und Hypophysentumore der DGE. „Die Medikation mit Bromocriptin oder Cabergolin darf auf keinen Fall ohne Rücksprache mit dem behandelnden Endokrinologen pausiert werden“, betont er.
„Eine Unterbrechung der Behandlung würde bei vielen Patient zu einem Wiederauftreten der Symptome der Hyperprolaktinämie oder der Akromegalie führen“, so Honegger weiter. „Besonders bei Patienten mit einem ursprünglich groß ausgedehnten Prolaktinom besteht dann etwa die Gefahr für das Auftreten von Sehstörungen bis hin zur Erblindung.“
„Die DGE setzt sich aktuell mit den Kassenverbänden der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen und den Herstellerfirmen von alternativen Präparaten in Verbindung, um auf die Lieferengpässe hinzuweisen und eine lückenlose Versorgung der Patienten sicherzustellen“, sagt Prof. Günter K. Stalla, Präsident der DGE und Ärztlicher Leiter von Medicover Neuroendokrinologie in München. Gegebenenfalls kann für die Zeit eines Lieferengpasses auch auf ein alternatives Arzneimittel eines anderen Herstellers ausgewichen werden, welches aus derselben Wirkstoffgruppe stammt. Hierzu gehört neben Bromocriptin und Cabergolin auch der Wirkstoff Metergolin. Gegebenenfalls käme auch der Wirkstoff Quinagolid infrage, der zwar einer anderen Wirkstoffgruppe angehört, aber ebenfalls für die Behandlung der Hyperprolaktinämie eingesetzt wird.
Eine Änderung der Medikation sollte aber nur durch einen endokrinologisch erfahrenen Arzt vorgenommen werden. „Wir haben eine Übersicht über die Verfügbarkeit aller in Deutschland zugelassenen Arzneimittel mit den für diesen Zweck einzusetzenden Wirkstoffen aus der Gruppe der Dopamin-Agonisten zusammengestellt. Damit haben die behandelnden Ärzte einen raschen Überblick, welche Behandlungsalternativen es für die Betroffenen gibt. Und sie sehen, bei welchen Arzneimitteln derzeit Lieferengpässe bestehen“, so Stalla weiter.
Zur vollständigen Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie kommt ihr hier.
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