PTAs sollen in Impfzentren aushelfen – und zwar bei der Rekonstitution des Impfstoffs und beim Impfen selbst. Wie das genau aussehen und ablaufen soll, ist noch nicht klar.
Das Landesgesundheitsministerium fragt an, ob die Möglichkeit bestehe, PTAs aus den Apotheken quasi stundenweise auszuleihen – das berichtet Dr. Kai Christiansen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Auch zahlreiche weitere Kammern wurden inzwischen darüber informiert, dass Personal aus den Apotheken gebraucht wird. Die Idee ist, die PTA in den neu gegründeten Impfzentren einzusetzen, damit sie bei der Rekonstitution des Corona-Impfstoffs helfen können. Auch der Verband der Zytostatika herstellenden Apotheken (VZA) sei dahingehend angeschrieben worden und habe bereits seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert.
Wie sollte das Ganze grundsätzlich aussehen? Der neue Corona-Impfstoff von Biontech muss unter Extrembedingungen von minus 70–80 Grad Celsius gelagert werden. Die mRNA-Impfstoff soll einen bis zu 90-prozentigen Schutz vor einer Infektion mit dem Corona-Virus bieten (DocCheck berichtete). Sein Transport vom Hauptlager zu den Impfstoffzentren selbst kann bei Kühlschranktemperaturen stattfinden, unter denen der Impfstoff noch etwa 48 Stunden lang stabil bleibt. In den Zentren könnte er dann – von PTAs, Pharmaziestudenten mit Praktikumserfahrung oder von Mitarbeitern der VZA – rekonstituiert werden und ist im Anschluss daran ungefähr 6 Stunden lang stabil.
Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer, vermutet daher, dass das eingesetzte Personal nur während der Morgenstunden in den Impfstoffzentren benötigt wird und nach dem Einsatz normal weiter in den Apotheken arbeiten können. Damit wäre auch kein übergroßer Personalmangel zu befürchten. Dem widerspricht jedoch das Impfkonzept, das aus Baden-Württemberg bekannt wurde. Laut dem Konzept soll in den Impfzentren im 2-Schicht Betrieb gearbeitet werden. Wenn der Impfstoff nach der Rekonstitution nur sechs Stunden haltbar ist, so wird eine zweite Schicht während der Mittagszeit wohl noch einmal neu mischen müssen.
Doch was genau müsste eine PTA dort überhaupt leisten? Bisher ist noch nicht genau bekannt, wie der Impfstoff rekonstituiert wird. Es wird davon ausgegangen, dass der Impfstoff mit isotonischer Kochsalzlösung vermischt und in Spritzen aufgezogen werden muss, die dann im Laufe der nächsten sechs Stunden den impfwilligen Risikogruppen verabreicht werden. Eine Antwort auf die Anfrage bei Biontech selbst steht bisher noch aus. Auch die Bedingungen in den Impfzentren sind noch unklar. Stehen zum Beispiel Reinräume dafür zur Verfügung?
Dass viele PTA mit der Aussicht auf Doppelbelastung, zwei Arbeitswege und zusätzlichem Stress nicht ganz so glücklich sind, wie die Kammerverantwortlichen, die es als Ehrensache betrachten, hier in die Bresche zu springen, wird in den sozialen Medien immer ersichtlicher. Es stellt sich unter anderem die Frage der Verantwortlichkeit. Wer haftet für einen Fehler? Vielleicht der Apothekenleiter, der gar nicht vor Ort ist, weil er der Arbeitgeber und sozusagen Verleiher der PTA ist? Wie steht es um den Versicherungsschutz?
Woher soll man außerdem das ganze Personal nehmen, da bereits für den Normalbetrieb in Apotheken großer Mangel herrscht? In jedem Fall suchen inzwischen viele Kammern offensiv nach Freiwilligen für die Arbeit in den Impfzentren, auch wenn die Rahmenbedingungen noch nicht ganz geklärt sind. Für die Arbeit einer PTA ist inzwischen jedoch die Vergütung in Baden-Württemberg bekannt geworden. Dort sollen sie 27,50 Euro in der Stunde erhalten, was sehr deutlich über dem gültigen Tariflohn in der Apotheke liegt.
Ein ganz vorwitziger Apotheker wagte gar den Vorschlag, die Kammerverantwortlichen könnten sich doch selbst einmal aus ihrem Elfenbeinturm herausbewegen, „die Fahne mit dem roten Apotheken-A hochhalten“ und sich selbst für diese Aufgabe zur Verfügung stellen. Einfach zur Entlastung der ohnehin bereits gebeutelten Apothekerschaft. Diese Idee ist gar nicht so schlecht, finde ich – auch wenn das wohl niemals eintreten dürfte.
In Nordrhein-Westfalen dagegen wird dagegen bereits angedacht, den Impfstoff von Biontech direkt in sterilherstellenden Apotheken rekonstituieren und in kleinere Gebinde verpacken zu lassen, bevor er dann in die Impfzentren geliefert wird. Ein für mich nachvollziehbares und sicheres Szenario. Erstens arbeiten die PTA dort unter Routinebedingungen und sind mit dem Arbeitsplatz vertraut. Zweitens ist der Raum zur Herstellung tatsächlich dafür geeignet, steril produzieren zu können. Auch die offenen Fragen zur Verantwortlichkeit und zu Versicherungen wären bei einer solchen Lösung geklärt.
In jedem Fall wächst die Bedeutung der Apotheken wieder ein Stück, was gut für das Selbstbewusstsein der ganzen Branche und auch der einzelnen Mitarbeiter ist. Von einer Verimpfung des Corona-Impfstoffes direkt in Apotheken sind wir allerdings noch ein ganzes Stück entfernt. Ärzte, die diese Konsequenz der wachsenden Rolle der Apotheker fürchten, können sich sicherlich noch ein paar Jahre dahingehend entspannen.
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