Die Länge der G1-Phase des Zellzyklus beeinflusst die Fitness humaner Blutstammzellen: Eine experimentell verkürzte frühe G1-Phase sorgt dafür, dass diese länger und in größerer Anzahl reife Blutzellen bilden. Lässt sich so künftig die Stammzellfunktion verbessern?
Eine große Hürde für den Erfolg einer Stammzelltransplantation ist nach wie vor die stark limitierte Anzahl der für den Empfänger verträglichen Spenderstammzellen. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, die Funktion von Stammzellen im Körper besser zu verstehen, um Lösungen für dieses Problem zu finden.
Während schon vorher bekannt war, dass der Großteil hämatopoetischer Stammzellen normalerweise in einer Ruhephase verbleibt und ihre Funktionalität durch einen kontrollierten Übergang in die Zellteilung beeinflusst wird, war bisher nicht klar, ob die Länge einzelner Zellteilungsphasen das Verhalten von Blutstammzellen reguliert. Nicole Mende, Doktorandin in der Forschergruppe von Prof. Dr. Claudia Waskow, verkürzte nun mit Hilfe von Gentransfer spezifisch die Transitzeit durch die frühe G1-Phase humaner Blutstammzellen. Die Erhaltung der Stammzellen nach Stressinduktion wurde im Reagenzglas durch die G1-Phasen-Verkürzung stark verbessert. Weitaus wichtiger waren jedoch die Transplantationsexperimente in ein spezifisches Mausmodell, welche zeigten, dass sich die Funktion der behandelten Stammzellen auch im lebenden Organismus signifikant erhöht. Eine metaphorische Darstellung der Erkenntnis, dass der Zeitpunkt des G1-Phasenübergangs von zentraler Bedeutung für die weitere Bestimmung menschlicher hämatopoetischer Stammzellen ist. © Nicole Mende / TU Dresden
Interessanterweise zeigte eine ähnliche Manipulation des Zellzyklus, welche jedoch einen späteren Zeitpunkt der G1-Phase betrifft, genau gegensätzliche Effekte und einen schnellen Verlust der Stammzellenfunktion. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine ausgewogene Transitgeschwindigkeit durch die frühe und späte G1-Phase ein wichtiger Regulator der Blutstammzellfunktion ist, und daher wesentlich zum Erhalt der lebenslangen Blutneubildung beiträgt. Originalpublikation: CCND1–CDK4–mediated cell cycle progression provides a competitive advantage for human hematopoietic stem cells in vivo Nicole Mende et al.; Journal of Experimental Medicine, doi: 10.1084/jem.20150308; 2015