Der Einsatz von Cochlea-Implantaten bei Gehörlosen ist bereits medizinischer Standard. Implantate im Gehirn sollen in Zukunft auch blinden Menschen wieder Seheindrücke ermöglichen.
Eine Miniaturkamera sammelt visuelle Informationen, die in Signalmuster übersetzt an Implantate im Gehirn übertragen werden – das ist die Vision des Projekts „I See“, welches blinden Menschen wieder Seheindrücke ermöglichen soll.
Die geplanten Implantate sollen spezifisch im Gehirn Areale ansprechen, welche für die Verarbeitung von visuellen Informationen zuständig sind. „Um solche Brain-Computer-Interfaces zu entwickeln, müssen wir lernen, mit mikro-elektrischen Mitteln die Sprache des Gehirns zu sprechen“, sagt Dirk Jancke, Neurowissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Ziel des Projekts ist es, technische Hilfsmittel bereitzustellen, um erblindeten Patienten visuelle Informationen zugänglich zu machen, die sie in alltäglichen Lebenssituationen nutzen können. „Außerdem gewinnen wir wichtige Grundlagenkenntnisse für Diagnostik und Behandlung von neurophysiologischen Krankheitsbildern des Gehirns“, erklärt Jancke.
Für den Gehörsinn ist der Einsatz von Cochlea-Implantaten bereits medizinischer Standard. Für den Sehsinn sind solche peripheren Prothesen nur eingeschränkt möglich. Während bei Erkrankungen der Netzhaut wie etwa Retinopathia pigmentosa elektronische Netzhautimplantate genutzt werden können, sind Hilfen für zentrale Erkrankungen des Sehsystems, wie sie zum Beispiel durch Diabetes mellitus verursacht werden, nur mittels direkter Ansteuerung von Gehirnaktivität möglich.
Störungen von Gehirnfunktionen gehen mit massiven Einschränkungen der Lebensqualität einher. Der Verlust der Sehfähigkeit ist in der zunehmend visuell gesteuerten Welt besonders tragisch. Nach Schätzungen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands leben etwa 150.000 blinde und rund 500.000 sehbehinderte Menschen in Deutschland, weltweit sind etwa vier Millionen Menschen betroffen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum.
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