Der Bluttest auf Sichelzellanämie ist zukünftig fester Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen in Deutschland.
Das dafür notwendige Bewertungsverfahren hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute abgeschlossen. Damit deckt das erweiterte Neugeborenen-Screening nun 15 Krankheiten ab, die man durch die frühe Untersuchung erkennen und dadurch zielgerichtet behandeln kann. So auch die Sichelzellkrankheit, die unbehandelt bereits bei kleinen Kindern zu gravierenden Schäden an lebenswichtigen Organen und zu Todesfällen führt.
Basis für den Beschluss ist eine vom G-BA beauftragte Studienauswertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), die belegt, dass eine frühestmögliche Diagnose – mit der die Beratung und Anleitung zu Verhaltensregeln der Angehörigen einhergeht – einen deutlichen Vorteil für die medizinische Behandlung bietet.
Für die Sichelzellkrankheit ist ein angeborener Gendefekt verantwortlich. Er ist die Ursache dafür, dass sich die eigentlich runden und flexiblen Erythrozyten verkrümmen und die Form einer Sichel annehmen. Das gab der Krankheit ihren Namen. Die geschädigten Erythrozyten können ihre Aufgabe, den Sauerstoff zu transportieren, nicht mehr gut erfüllen.
Auch ihre Lebensdauer verkürzt sich (statt 120 nur max. 12 Tage). Unbehandelt führt die Sichelzellkrankheit bei den Betroffenen zur Anämie und dem damit verbundenen Sauerstoffmangel im Körper. Zugleich wird das Blut zähflüssiger, es kommt zu wiederkehrenden und meist schmerzhaften Gefäßverschlüssen und chronischer Schädigung von vielen Organen.
Pro Jahr werden in Deutschland etwa 150 Kinder mit der Sichelzellkrankheit geboren. Ohne eine frühzeitige Blutuntersuchung wird diese Erbkrankheit oft erst zwischen dem 3. Lebensmonat und dem 5. Lebensjahr erkannt.
Zum Beispiel, weil bei den Kindern schmerzhafte Schwellungen an Finger- und Zehenknochen auftreten, sie mit vielen bakteriellen Infektionen bis hin zur Blutvergiftung zu kämpfen haben oder sie eine Anämie mit einer sich rasch vergrößernden Milz aufgrund einer Blutansammlung in dem Organ entwickeln. Heute leben in Deutschland schätzungsweise 3.000 Menschen mit der Sichelzellkrankheit.
Durch eine Blutuntersuchung der Neugeborenen zwischen der 36. bis zur 72. Lebensstunde können künftig Auffälligkeiten, die auf eine Sichelzellkrankheit hindeuten, früh entdeckt werden. Sollte das der Fall sein, schließen sich innerhalb weniger Tage weitere Untersuchungen an, um den ersten Verdacht sicher abzuklären. Die Abklärungsdiagnostik gibt den Eltern bei einer Bestätigung die Chance, sehr früh entsprechende Maßnahmen im Umgang mit der Krankheit ihres Kindes im Alltag zu beachten.
Eltern von Kindern mit Sichelzellkrankheit werden von betreuenden Ärzten gezielt geschult. Sie lernen beispielsweise, erste Anzeichen von Anämie, einem einer Hämolyse oder Milzvergrößerungen zu erkennen, um dann unmittelbar in ihrem spezialisierten Behandlungszentrum vorstellig zu werden.
Durch die frühzeitige und sorgfältige Überwachung des Krankheitsverlaufs und die gezielte Behandlung der Kinder können Komplikationen sowie akute Organkrisen aufgrund der Krankheit vermieden werden. Neben einer medikamentösen Behandlung und ggf. wiederholten Bluttransfusionen ist die Betreuung der Betroffenen auch darauf ausgerichtet, gesundheitlichen Problemen wie Infektionen vorzubeugen oder sie symptomatisch zu behandeln. Für die betroffenen Kinder gilt auch ein erweitertes Impfschema, dessen Termine dringend eingehalten werden sollten.
Zur vollständigen Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses geht es hier.
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