Eigentlich ist es ganz einfach: Sinnvolle Untersuchungen durchführen und bezahlt bekommen, Überflüssiges sein lassen. Stattdessen Diskussionen über IGeL. Eine Situationsanalyse aus der gynäkologischen Praxis.
Igel gehören nach draußen, nicht in die Praxis. Stattdessen begleiten IGeL (individuelle Gesundheitsleistungen) den Praxisalltag und führen zu mitunter aufreibenden Diskussionen.
IGeL sind ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen, die Patienten grundsätzlich selbst bezahlen müssen, weil sie nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherungen gehören.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was unter ärztlichem Selbstverständnis zu verstehen ist. Es bedeutet, verantwortungsvolle und evidenzbasierte Diagnostik durchzuführen und adäquate Therapiemaßnahmen einzuleiten. Hierzu werden Ärzte während ihrer Facharztausbildung und auf Fortbildungen geschult, Leitlinien und wissenschaftliche Literatur geben Orientierungshilfen. Gewissenhaften Medizinern widerstrebt es, wenn stattdessen wirtschaftliche Aspekte immer mehr in den Vordergrund geraten. Andererseits werden sinnvolle Leistungen gar nicht oder, je nach Quartalszeitpunkt, nicht mehr vergütet. Eine Situation, die in anderen Berufsfeldern undenkbar wäre.
Um solche Leistungen dennoch anbieten zu können, wurde das IGeL-System eingerichtet. Die Folge daraus ist, dass sich manche Sprechstunde wie ein Verkaufsgespräch anfühlt und wichtige Zeit im Arzt-Patienten-Gespräch verloren geht. Andererseits werden auch nicht immer nur essenziell wichtige IGeL angeboten, was die Entscheidung für Patienten erschwert und Ärzten nicht nur gute Kritiken einbringt. Ein Dilemma.
Ausschlaggebend bei der Schwangerschaftsbetreuung sind die Mutterschaftsrichtlinien. Bei allen normalen, nicht Risikoschwangerschaften, sollen bis 32 SSW die Untersuchungsintervalle in vierwöchigem Abstand stattfinden. Nach SSW 32 wird die Schwangere alle zwei Wochen untersucht. Bei der Erstvorstellung erfolgt ein ausführliches Anamnese- und Beratungsgespräch, nebst Risikoabwägung.
Neben drei Ultraschallscreenings (etwa SSW 10+0, 20+0 und 30+0) gehören folgende Laboruntersuchungen zum Standard.
Laboruntersuchungen am Schwangerschaftsbeginn:
Laboruntersuchungen im Schwangerschaftsverlauf:
Standard bei jeder Untersuchung sind:
Indikationen zur Kardiotokographie (CTG) sind laut Mutterschaftsrichtlinien die drohende Frühgeburt, vorzeitige Wehen oder auskultatorische Herztonalterationen.
Wiederholte CTG-Untersuchungen sehen die Mutterschaftsrichtlinien indiziert bei Mehrlingsschwangerschaften, bei Verdacht auf Plazentainsuffizienz, Übertragung oder uteriner Blutung. In der Routine werden CTG-Untersuchungen eher großzügig durchgeführt.
Die Mutterschaftsrichtlinien betonen ausdrücklich, dass bei einer Risikoschwangerschaft angepasste Untersuchungsintervalle, Diagnostiken und Therapien erfolgen sollen. Eine Risikoschwangerschaft kann von Beginn an vorliegen, oder sich im Verlauf der Schwangerschaft zu einer solchen entwickeln.
Mögliche individuellen Gesundheitsleistungen
Laboruntersuchungen:
Zusätzliche Ultraschalluntersuchungen:
Die gynäkologische Krebsvorsorgeuntersuchung wurde seit diesem Jahr reformiert. Frauen zwischen 20 und 35 Jahren erhalten weiterhin jährlich einen zytologischen Abstrich des Gebärmutterhalses. Ab 35 Jahren erfolgen der zytologische Abstrich und eine HPV-Diagnostik alle drei Jahre, es sei denn es wurden auffällige Befunde erhoben, dann greift ein spezieller Abklärungsalgorithmus.
Eine vaginale Ultraschalluntersuchung wird nicht als Standard von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sondern nur bei Symptomen oder entsprechenden Vorerkrankungen wie Uterus myomatosus oder gynäkologischen Karzinomerkrankungen. Ein Mammographie-Screening findet zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr statt, mammasonographische Untersuchungen nur in begründeten Fällen. Hormonlaboruntersuchungen bedürfen ebenfalls einer medizinischen Begründung.
Antikonzeptiva werden bis zum 22. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Auch das beste Gesundheitssystem stößt, was die Ressourcen anbelangt, an seine Grenzen. Vieles ist nachvollziehbar, manches versteht man an der Basis weniger.
Individuelle Gesundheitsleistungen würden vielleicht einen weit kleineren Rahmen in der täglichen Praxis einnehmen, wenn
Statt lästiger Diskussionen um individuelle Gesundheitsleistungen bliebe wieder mehr Zeit für die sprechende Medizin, die viel zu wenig wertgeschätzt wird.
Literatur:
Bildquelle: h.ekd, unsplash