Prostatakarzinome zählen zu den wichtigsten Krebsformen des Mannes. Rechtzeitig erkannt, lassen sie sich gut therapieren. Hier liegt das Problem: Bekanntlich scheut „er“ Vorsorgeuntersuchungen wie der Teufel das Weihwasser. Dies will die Kampagne „Deine Manndeckung“ ändern.
Sie sind Helden wie James Bond oder Superman. Aber beim Thema Früherkennung bekommen selbst harte Kerle weiche Knie – und scheuen den Weg zur ärztlichen Vorsorgeuntersuchung. „47 Prozent aller Frauen, aber nur 24 Prozent aller Männer nehmen Angebote zur Krebsvorsorge in Anspruch“, sagt Carsten Sievers von der AOK Niedersachsen. Die Zahlen sind zwar hauseigene Erhebungen, zeigen aber, wo genau Ärzte viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Bundesweit zählen Prostatakarzinome mit 67.000 Neuerkrankungen pro Jahr zu den häufigsten Krebsneuerkrankungen bei Männern – und zur dritthäufigsten Todesursache nach Lungen- und Darmkrebs.
Von der Theorie zur Praxis: Timm Hahn, Vorsitzender der Urologengenossenschaft Hannover (UROH) sieht immer wieder Männer Mitte 40 bis Anfang 50, die bereits ein metastasierendes Prostata-Ca haben. „Wären sie nur ein paar Jahre früher in die Sprechstunde gekommen, hätte man ihnen noch helfen können“, so der Kollege. Er appelliert an Patienten, Leistungen zur Früherkennung auch in Anspruch zu nehmen. Als Risikofaktoren gelten das Alter, familiäre Vorbelastungen oder ethnische Zugehörigkeiten. Die Vorsorgeuntersuchung umfasst eine digital-rektale Untersuchung, einen Bluttest auf das Prostata-spezifische Antigen (PSA) und gegebenenfalls weitergehende Tests wie Biopsien. „Der PSA-Test unterscheidet nicht zwischen einem Mann, der mit einem Prostata-Ca oder an einem Prostata-Ca sterben wird“, fasst Professor Dr. Markus Kuczyk, Direktor der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), die kontroverse Diskussion zusammen. „Aber es gibt momentan einfach nichts Besseres.“ Kuczyk weiter: „Wenn wir Tumoren in frühen Stadien diagnostizieren, haben Patienten eine veritable Wahrscheinlichkeit, dass sie nach zehn Jahren noch leben.“
Genau hier liegt eine zentrale Herausforderung. Um das vermeintlich starke Geschlecht zu sensibilisieren, haben sich Janssen Deutschland, HANNOVER 96, die Urologengenossenschaft Hannover, die AOK Niedersachsen und die Medizinischen Hochschule Hannover etwas Besonderes ausgedacht. Beim Saisoneröffnungsfest von HANNOVER 96 fiel der Anstoß zu „Deine Manndeckung“, einer Kampagne, die sich speziell an Männer ab 45 Jahren richtet. Im positiv besetzten Kontext des Fußballvereins informieren alle Akteure gemeinsam über Möglichkeiten zur Früherkennung von Prostata-Ca. Neben Postern, Flyern und einem Gewinnspiel – es gibt Tickets von HANNOVER 96 zu gewinnen – stehen digitale Medien stark im Fokus. Die Aktion startet als Pilot im Herzen Niedersachsens und wird im Anschluss national ausgeweitet.
Darüber hinaus sind Ärzte in der Pflicht, mit Vorurteilen aufzuräumen. Bei Laien halten sich Gerüchte zu möglichen Folgen einer Behandlung von Prostata-Ca hartnäckig. Der Ursprung ist in Therapieverfahren zu suchen, wie sie vor 15 oder 20 Jahren durchgeführt wurden. Doch die Welt hat sich weiter gedreht. Kuczyk zufolge treten bei weniger als fünf Prozent aller radikalen Prostatektomien langfristig starke Harninkontinenzen auf. Liegt der PSA-Wert unter zehn Nanogramm pro Milliliter Serum und der Gleason-Score unter sieben, bleibt das Skalpell oft im Schrank – zu Gunsten von „watchful waiting“. Aus der Forschung kommen schonende Verfahren wie die Kryotherapie. Hier handele es sich aber noch um experimentelle Ansätze. Für Männer gibt es damit keinen Grund mehr, ihren Kopf in den Sand zu stecken.