Der Hippocampus ist an vielen Erinnerungs- und Lernprozessen beteiligt. Ein Team von internationalen Forschern fand jetzt heraus, dass diese Prozesse einem eigenen tageszeitlichen Rhythmus folgen.
Der Hippocampus ist an vielen Erinnerungs- und Lernprozessen beteiligt. Er übernimmt Inhalte aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis, wo sie gespeichert und abgerufen werden können. Ein Team von internationalen Forschern fand jetzt heraus, dass diese Prozesse einem eigenen tageszeitlichen Rhythmus folgen und die molekularen Aktivitäten stark schwanken.
Diese Ergebnisse helfen, besser zur verstehen, wie sich unser Lern- und Erinnerungsvermögen von Stunde zu Stunde ändert. Gleichzeitig können sie helfen, Epilepsieerkrankungen wirkungsvoller zu behandeln – Epilepsie-Patienten leiden häufig unter Gedächtnisstörungen.
Der Tag-Nacht-Zyklus reguliert die Aktivität fast aller auf der Erde lebenden Organismen. Beim Menschen steuert diese sogenannte zirkadiane Uhr viele biologische Prozesse in einem 24-Stunden-Zyklus. Dazu zählen Körpertemperatur, Schlaf, Muskelaktivität sowie Gedächtnis- und Lernfähigkeit.
Fast alle Organe haben zudem einen eigenen zirkadianen Rhythmus, mit dem sie die für sie spezifischen Funktionen regeln, einschließlich Herz, Leber, Darm – und Gehirn. Im Gehirn befindet sich im suprachiasmatischen Kern die zirkadiane Hauptuhr des Körpers. Sie gibt den 24-Stunden-Rhythmus vor.
„Bisher dachten wir, dass im Gehirn nur der suprachiasmatische Kern als Taktgeber fungiert“, berichtet Dr. Wolfgang Löscher von Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Nun fanden die Wissenschaftler aber heraus, dass auch im Hippocampus entsprechende genetische und molekulare Prozesse aktiv sind. „Diese Erkenntnisse geben uns erste Hinweise, um zu verstehen, wie und warum sich unsere geistigen Fähigkeiten im Verlauf der 24 Stunden eines Tages ändern und warum es zum Beispiel nur nachts zur Konsolidierung von Gedächtnisinhalten kommt“, erklärt er.
Ein zweiter Aspekt dieser Studie betrifft die Temporallappenepilepsie. Bei 80 Prozent der Patienten werden Anfälle zirkadian reguliert. Das heißt, dass sie zu einer bestimmten Tageszeit und nicht zufällig bei einem Patienten auftreten. Es ist bekannt, dass der Hippocampus an dieser Form der Epilepsie beteiligt ist und betroffene Patienten häufig Gedächtnis- und Lerndefizite haben, die vom Hippocampus abhängen. Die Forscher zeigten in ihrer Studie am Mausmodell, dass sich die Schwankungen der molekularen Aktivitäten im Hippocampus bei erkrankten und gesunden Tieren stark unterscheiden: „Ein epileptischer Hippocampus funktioniert anders als ein gesunder Hippocampus“, sagt Löscher.
Dieses Ergebnis könnte helfen, zu verstehen, warum Anfälle zu einer bestimmten Tageszeit häufiger auftreten. „Eventuell helfen sie, die Anfälle medikamentös besser zu kontrollieren,“ so Löscher. „Außerdem ebnen die Untersuchungen den Weg für ein besseres Verständnis kognitiver Defizite und neuer therapeutischer Ansätze bei Patienten.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung. Zur Studie geht’s hier.
Bildquelle: Long Truong, unsplash