Drei Patienten mit schwerem COVID-19-Verlauf entwickelten nach ihrer Erkrankung parkinsonähnliche Symptome. Neurologen vermuten hier einen Zusammenhang.
In einer aktuellen Veröffentlichung in Trends in Neuroscience beschreibt Dr. Patrik Brundin mit Kollegen drei Fälle, in denen COVID-19-Patienten nach ihrer Erkrankung parkinsonartige Symptome entwickelt hatten. Der Experte auf dem Gebiet der Parkinson-Forschung geht darin der beunruhigenden Frage nach, ob die COVID-19-Pandemie eine Welle von Parkinson-Erkrankten nach sich ziehen wird.
In den Fallberichten ist die Rede von drei Patienten, die wegen schwerem COVID-19 in einer Klinik behandelt werden mussten und 2 bis 5 Wochen nach der Infektion parkinsonartige Symptome entwickelten, unter anderem Tremor, Myoklonus und Hypomimie. Alle drei Patienten wiesen eine verminderte Funktion des nigrostriatalen Dopaminsystems auf, wie sie auch bei der Parkinson-Krankheit auftritt.
Bemerkenswert ist, dass keiner der Patienten eine familiäre Vorbelastung hinsichtlich Parkinson oder frühe Anzeichen der Krankheit zeigte und alle drei noch keine 60 Jahre alt waren. Bei einem 45-jährigem Mann und einer 35-jährigen Frau konnte der Parkinsonismus durch eine dopaminerge Therapie erfolgreich behandelt werden. Die Symptome bei einem 58-Jährigen heilten spontan aus.
Natürlich beweisen diese Fallberichte keinen kausalen Zusammenhang zwischen einer Corona-Infektion und dem Auftreten der schweren motorischen Symptome. Allerdings lässt das rasche Auftreten dieser Symptome in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Virusinfektion einen Zusammenhang vermuten. Könnte COVID-19 möglicherweise die Entstehung des Parkinson-Syndroms begünstigen?
Völlig abwegig ist dieser Gedanke nicht. Die Hypothese bezüglich eines infektiösen Ursprungs beim Parkinson-Syndrom geht auf die Beobachtung von parkinsonähnlichen Symptomen bei Personen zurück, die während der Spanischen Grippe mit dem Influenzavirus infiziert waren und dann eine Enzephalitis lethargica, eine dem Parkinson-Syndrom ähnliche Störung, entwickelten.
Auch andere Viren stehen in Verdacht, eine Rolle bei der Entstehung des Parkinson-Syndroms zu spielen. Ein Review aus 2018 zählt unter anderem HSV-1, das Epstein-Barr-Virus (EBV) und Varicella-Zoster-Virus (VZV) zu den Verdächtigen. Jetzt kommt auch SARS-CoV-2 hinzu, weil inzwischen bekannt ist, dass es das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen kann.
„Möglicherweise waren die Patienten dazu bestimmt, an Morbus Parkinson zu erkranken, und standen kurz davor, die für die Entstehung motorischer Symptome erforderliche Anzahl an nigralen Dopamin-Neuronen zu verlieren. Die Virusinfektion beschleunigte einen laufenden neurodegenerativen Prozess nur um einen kritischen Zeitpunkt herum“, schreiben Brundin et al. in ihrer Veröffentlichung.
Das Team schlägt drei mögliche Mechanismen vor, wie SARS-CoV-2 Parkinsonismus induzieren oder beschleunigen könnte:
Zwar scheinen akute Fälle von Parkinsonismus nach einer COVID-19-Erkrankung bislang selten zu sein. Doch Brudin spekuliert, dass sich die Langzeit-Auswirkungen erst noch zeigen könnten. Die weite Verbreitung von SARS-CoV-2 innerhalb der Bevölkerung könnte dazu führen, dass mehr Menschen anfälliger dafür sind, später im Leben an Parkinson zu erkranken. Bislang ist das aber rein spekulativ.
Tatsächlich ist Morbus Parkinson eine Krankheit, die durch verschiedene Faktoren begünstigt wird. SARS-CoV-2 ist also wohl eher nicht der alleinige Auslöser, könnte aber einen wichtigen Teil dazu beitragen.
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Bildquelle: Florencia Viadana, unsplash