Es vergeht kaum ein Tag, an dem Gesundheitsminister Spahn uns allen, aber insbesondere uns Ärzten, vor den Kopf stößt. Anfänglich konnte man meinen, es sei nur bloßer Aktionismus eines Getriebenen, mittlerweile ist es aber klar, dass ein Politiker sein Amt missbraucht und in unverantwortlicher Weise seine Macht festigt.
Das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ soll die gesetzliche Grundlage für die künftigen Corona-Maßnahmen schaffen. Durch die zu beschließenden Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wird dieses zu einer Ermächtigungsgrundlage, welches das Gesundheitsministerium in vielen Fällen ermächtigt per Verordnung - also ohne Zustimmung des Bundesrates - sowohl individuelle Grundrechte als auch die Gewerbefreiheit in vielen Branchen wie Kunst, Kultur, Handel, Hotellerie und Gastronomie einzuschränken (vgl. §28a I).
In Verbindung mit der Tatsache, dass sowohl die Ausrufung als auch die Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite willkürlich durch den Bundestag festgelegt werden kann - also an keinerlei Fakten oder Daten gebunden ist - resultiert daraus die große Gefahr, die Grundrechte durch die Exekutive für einen unbegrenzten Zeitraum unverhältnismäßig einzuschränken und damit die für unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung elementare Gewaltenteilung auszuhöhlen.
Das von Spahn initiierte Digitale-Versorgungs-Gesetz sieht vor, dass die Gesundheitsdaten der 73 Millionen gesetzlich Versicherten künftig ohne ihr Einverständnis für die Forschung verwendet werden können. Laut Gesetzentwurf müssen die gesetzlichen Krankenkassen die persönlichen Daten sowie sämtliche Behandlungsdaten aller Versicherten an den Spitzenverband der Kassen melden. Die Daten können von Behörden, Forschungseinrichtungen oder Universitätskliniken genutzt werden. Die Industrie wird nicht genannt, sie ist aber auch nicht explizit ausgeschlossen. Außerdem fehlen Regelungen zu Löschfristen und den Widerspruchsmöglichkeiten der Versicherten. Das solle erst in einer Rechtsverordnung des Gesundheitsministeriums festgelegt werden. Damit entzieht Spahn dem Bundestag als Gesetzgeber wichtige Entscheidungs- und Einflussmöglichkeiten.
Dass Spahn in Betracht zieht, in der grassierenden Corona-Pandemie notfalls auch positiv auf das Virus getestete Mitarbeiter von Kliniken oder Pflegeheimen und uns Ärzte weiter arbeiten zu lassen zeigt die Geringschätzung derer, die er in der ersten Welle ja schon mit Applaus bedacht hat. Seine Hausaufgaben der Pflege endlich den ihr zustehenden Stellenwert zu geben, hat er bis heute nicht gemacht.
Die ebenso gefährliche wie entlarvende Kooperation mit Google bei der Einführung des „nationalen Gesundheitsportals“ spricht Bände und reiht sich ein in die Liste der Übergriffe des Herrn Spahn.
Wir Ärzte sollten endlich aufwachen, aufstehen und diesem Gesundheitsminister die Gefolgschaft verweigern.