Einzelne Feststoff-Teilchen lösen den Tropfvorgang von Suspensionen aus und beschleunigen diesen. Werden Größe und Verteilung dieser Partikel geändert, lässt sich das Tropfverhalten beeinflussen. Diese Ergebnisse können dazu beitragen, Arzneimittel genauer zu dosieren.
Wie sich bei Suspensionen wie Tinte, aber auch Blut oder Saft, also Flüssigkeiten, in denen Festkörper-Teilchen schweben, Tropfen ablösen und warum, war bislang noch nicht geklärt. Erstmals ist es Wissenschaftlern jetzt gelungen, diese Frage zu beantworten: „Die einzelnen Festkörper-Teilchen spielen beim Ablösen von Tropfen in Suspensionen eine tragende Rolle. Sie bringen die Ablösung in Gang und beschleunigen diese“, erklärt Prof. Dr. Christian Wagner. Die Forschergruppe des Experimentalphysikers von der Universität des Saarlandes hat das Tropfverhalten dieser komplex zusammengesetzten Flüssigkeiten untersucht.
An der Saar-Universität wurden hierzu Tropfen-Experimente durchgeführt: Wagner und sein Team verdünnten eine Suspension und brachten diese zwischen zwei Platten. Anschließend zogen sie die Platten auseinander, beobachteten mithilfe von Hochgeschwindigkeits-Kameras sowie hochauflösenden Mikroskop-Objektiven, was sich hierbei abspielte und werteten die Ergebnisse im Anschluss aus. „Werden die Platten auseinandergezogen, bildet die Suspension dazwischen fadenförmige Gebilde vergleichbar einer Brücke. Die Festkörper-Teilchen schweben darin wie kleine Kügelchen“, erläutert Wagner. „Wir konnten nachweisen, dass einzelne Partikel dabei die Oberfläche der Flüssigkeit stören und regelrecht ausbeulen. Das Teilchen behindert die Strömung der Flüssigkeit im Inneren des Flüssigkeitsfadens ebenso wie an seiner Außenseite. Es beeinflusst aber gleichzeitig die Oberflächenkrümmung, der kapillare Druck erhöht sich, und der Ablöseprozess wird beschleunigt, denn die Oberflächenspannung strebt an, die Oberfläche zu verkleinern. Schließlich reißt der Tropfen ab“, erklärt er. Blick in ein Tropfen-Experiment: Die Forscher konnten erstmals belegen, dass Feststoff-Teilchen in Suspensionen den Tropfvorgang auslösen und beschleunigen. Unten: Silikonöl ohne Festkörper-Partikel. © Arbeitsgruppe Christian Wagner
„Die Größe und Verteilung der Teilchen in der Suspension haben demzufolge großen Einfluss auf das Tropfverhalten. Indem diese Parameter geändert werden, lässt sich also auch das Tropfverhalten steuern“, erläutert der Experimentalphysiker. Die neuen Erkenntnisse können Anwendung finden in einer Vielzahl industrieller Verfahren, bei denen Suspensionen zum Einsatz kommen wie bei der Arzneimittelherstellung, bei Beschichtungen, Druckverfahren bis hin zur Kosmetik und Lebensmitteltechnik. „Bei einfachen Flüssigkeiten war diese Frage in den vergangenen zwanzig Jahren bereits geklärt worden, bei komplexen Flüssigkeiten wie der Suspension hingegen waren die physikalischen Mechanismen bislang unbekannt“, sagt Wagner. Originalpublikation: Single particles accelerate final stages of capillary break-up Anke Lindner et al.; Europhysics Letters, doi: 10.1209/0295-5075/110/64002; 2015