Der Säureblocker Lansoprazol, der normalerweise gegen Magengeschwüre angewendet wird, wurde als neues Antibiotikum gegen Tuberkulose identifiziert. Ein Lansoprazol-Metabolit hemmt die Aktivität eines Enzyms, das für die Energiegewinnung des TB-Erregers von Bedeutung ist.
Allein im Jahr 2013 verursachte das Tuberkulose-Bakterium Mycobacterium tuberculosis 1,5 Millionen Tote und fast neun Millionen Neuinfektionen. Resistenzen gegenüber TB-Medikamenten sind weit verbreitet. Die Verwendung derzeit erhältlicher Antibiotika hat außerdem bei vielen Bakterien zur Entwicklung von Multiresistenzen geführt. Dies macht die Identifizierung und Entwicklung neuer Antibiotika erforderlich. Millionen von chemischen Verbindungen wurden in der Vergangenheit auf ihre Fähigkeit untersucht, das Wachstum von Mycobacterium tuberculosis im Reagenzglas zu hemmen. Jedoch nur wenige Wirkstoffkandidaten sind derzeit in klinischen Studien. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entwicklung neuer TB-Medikamente bis zur Anwendung beim Menschen mindestens zehn Jahre dauert.
Ein effizienterer Ansatz bestehe darin, etablierte Medikamente, die bereits in der klinischen Anwendung sind, auf ihre Wirkung als Antibiotikum hin zu untersuchen, so das internationale Team um Dr. Dr. Jan Rybniker, Wissenschaftler in der Infektiologie an der Uniklinik Köln. Die Forscher hatten zuvor eine Hochdurchsatz-Screening-Methode entwickelt, die auf der Nutzung von Lungenzellen basiert. Diese werden mit TB-Bakterien infiziert und gleichzeitig mit dem zu testenden Wirkstoff versehen. Überleben die Lungenzellen drei Tage in der Kultur, ist der eingesetzte Stoff gegen Mycobacterium tuberculosis wirksam. Mit dieser „intrazellulären“ Methode testeten die Wissenschaftler eine große Gruppe von zugelassenen Medikamenten und identifizierten das Medikament Lansoprazol als Substanz mit potentieller Wirksamkeit gegen TB-Bakterien. Der Wirkstoff funktioniert allerdings nur, wenn sich die Bakterien innerhalb von Lungenzellen oder menschlichen Abwehrzellen befinden. Die Forscher untersuchten den zugrunde liegenden Mechanismus der intrazellulären Anti-TB-Aktivität von Lansoprazol und konnten zeigen, dass das Medikament von den menschlichen Zellen zunächst in ein aktives Stoffwechselprodukt umgewandelt werden muss, bevor es die Bakterien töten kann. Dieser Lansoprazol-Metabolit hemmt die Aktivität eines Enzyms, das von entscheidender Bedeutung für die Energiegewinnung des Bakteriums ist.
Lansoprazole gehört zu einer Klasse von Medikamenten, die als Protonenpumpeninhibitoren die Produktion von zu viel Säure im Magen verhindern und gegen Sodbrennen sowie Magengeschwüre angewendet werden. Die Medikamente haben ein ausgesprochen günstiges Nebenwirkungsprofil und können auch in hohen Dosierungen problemlos angewendet werden. „Protonenpumpeninhibitoren sind sehr sichere Medikamente und werden auf der ganzen Welt verkauft“, erklärt Dr. Rybniker. „Als wirksames Medikament gegen resistente Stämme von M. tuberculosis bietet uns diese neue Klasse von Medikamenten eine ausgezeichnete Grundlage, die Tuberkulose zu behandeln.“ Originalpublikation: Lansoprazole is an antituberculous prodrug targeting cytochrome bc1 Jan Pencik et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms8659; 2015