US-Mediziner könnten eine Erklärung für die erhöhte Thromboseneigung von COVID-19-Patienten mit schwerem Verlauf gefunden haben.
Bei COVID-19-Patienten mit schwerem Verlauf treten häufig Thrombosen in den kleinen Blutgefäßen auf. Wie Rheumatologen jetzt in einer Studie berichten, könnten dafür Autoantikörper verantwortlich sein, die auch beim Antiphospholipid-Syndrom zu thrombotischen Komplikationen führen.
Beim Antiphospholipid-Syndrom richten sich verschiedene Autoantikörper gegen Phospholipide und phospholipidbindende Proteine, zu denen Prothrombin und Beta-2-Glykoprotein I gehören. So kommt es zu einer erhöhten Gerinnbarkeit des Blutes und zu vermehrten Thrombosen.
In einer Studie haben Wissenschaftler der Universität von Michigan in Ann Arbor diese Autoantikörper jetzt bei 89 von 172 Patienten (52 %) nachgewiesen, die wegen einer schweren COVID-19 im Krankenhaus behandelt wurden. Bei 52 Patienten (30 %) war dieser Antikörper-Titer deutlich erhöht. Der Nachweis der Antikörper war mit einer erhöhten Aktivität der neutrophilen Granulozyten inklusive Freisetzung sogenannter NETs (neutrophil extracellular traps) verbunden.
NETs sind Netzwerke extrazellulärer Fasern, die primär aus der DNA neutrophiler Granulozyten bestehen. Sie attackieren pathogene Mikroorganismen mit antimikrobiellen Proteinen und fördern die intravasale Blutgerinnung. Der Prozess fokussiert die Entzündung und vermindert dadurch die Schädigung gesunder Körperzellen.
Therapien, die sich gegen die Bildung von NETs richten, könnten somit möglicherweise auch bei COVID-19 zum Einsatz kommen. Dazu zählt etwa der Einsatz des Antithrombotikums Dipyridamol. Die Wirkung des Medikaments wird derzeit in einer Phase-II-Studie an COVID-19-Patienten untersucht.
Die Ergebnisse der Studie könnten auch erklären, warum die Therapieversuche mit Rekonvaleszentenseren bislang eher enttäuschen. Bei der Serumtherapie erhalten COVID-19-Patienten das Plasma von genesenen Patienten. Die enthaltenen Antikörper sollen sich gegen SARS-CoV-2 im Körper der Erkrankten richten. Allerdings könnte das Plasma auch Antiphospholipid-Antikörper enthalten, die wiederum die Thromboseneigung verstärken.
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