Wer sich im letzten Winter gegen Grippe impfen ließ, hatte zu Beginn der Corona-Pandemie ein niedrigeres Risiko, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren als Ungeimpfte. So lautet das Ergebnis einer niederländischen Studie.
Wissenschaftler der Radboud Universität in Nimwegen und der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf analysierten die Daten von etwa 10.600 Mitarbeitern des medizinischen Zentrums der Radboud Universität. 184 von ihnen hatten sich mit SARS-CoV-2 angesteckt.
Der Analyse zufolge infizierten sich 2,23 Prozent der ungeimpften Mitarbeiter, aber nur 1,33 Prozent der Mitarbeiter, die gegen Grippe geimpft waren. Laut der Forscher entspricht das einer Risikoreduktion von 39 Prozent. Ein kausaler Zusammenhang ist damit allerdings nicht belegt. Die Studie muss zudem noch das Peer-Review-Verfahren durchlaufen.
Die Forscher vermuten, dass die Grippeimpfung das Immunsystem trainiert und somit eine gewisse Kreuzprotektion gegen andere Erreger bietet – möglicherweise auch gegen das Coronavirus.
In Zellkultur-Experimenten wollten die Forscher den Mechanismus dahinter entschlüsseln. Dazu isolierten sie die mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC), behandelten sie mit einem tetravalenten Influenzavakzin und gaben SARS-CoV-2 hinzu.
Die trainierten Immunzellen reagierten mit einer stärkeren Zytokinantwort als Immunzellen, die nicht zuvor mit dem Grippeimpfstoff in Kontakt gekommen sind. Die Forscher vermuten deswegen, dass der Grippeimpfstoff eine gewisse Schutzwirkung vor einer SARS-CoV-2-Infektion bieten könnte. Noch muss diese These aber in Studien überprüft werden.
Das Prinzip des Immunsystem-Trainings durch Impfstoffe ist bereits bekannt. So zeigt der Tuberkulose-Impfstoff Bacillus-Calmette-Guérin (BCG) auch unspezifische Effekte auf das Immunsystem, die vor einer Vielzahl anderer Infektionen, z. B. Atemwegsinfektionen, zumindest partiell schützen könnten. Ob eine BCG-Impfung auch bei COVID-19 hilfreich sein könnte, wird daher derzeit in Studien untersucht.
Auch die Wissenschaftler der niederländischen Studie konnten in vitro zeigen, dass sich die Zytokinantwort durch die Kombination der Influenzaimpfung mit dem BCG-Impfstoff weiter steigern ließ.
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