Eine am Max-Planck-Institut entwickelte Lüftungsanlage kann 90 Prozent der Aerosolpartikel aus dem Raum beseitigen. Die Anlage kommt derzeit in einer Schule zum Einsatz und ist leicht nachzubauen.
Die Luft in Klassenzimmern und anderen Räumen von infektiösen Aerosolen zu befreien, wird künftig deutlich einfacher. Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie haben eine Lüftungsanlage konstruiert, die sich mit Materialien aus dem Baumarkt nachbauen lässt. Einer Mainzer Gesamtschule hat die Anlage bereits getestet. Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium prüft nun den Einsatz auch an anderen Schulen. In Kürze werden die Mainzer Forscher eine Anleitung für den Nachbau online stellen.
Schulen stehen während der COVID-19-Pandemie vor dem Problem, wie sie während des Unterrichts richtig lüften können. Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie haben nun gemeinsam mit der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim erfolgreich eine Abluftanlage getestet, die 90 Prozent der Aerosolpartikel aus den Klassenzimmern entfernt. Das Prinzip: Jeder Mensch produziert warme Luft, die nach oben steigt. Richtet man diesen Luftstrom nach draußen, nimmt er Aerosolpartikel und mögliche Coronaviren mit.
Bildquelle: Max-Planck-Gesellschaft, © Andrea Koppenborg
Die Konstruktion ist denkbar einfach und wurde mit Materialien aus dem Baumarkt im Wert von etwa 200 Euro umgesetzt: Über jedem Tisch hängt in Deckenhöhe ein breiter Schirm, der mit einem Rohr verbunden ist. Alle Rohre führen in ein zentrales Rohr, das wiederum durch ein gekipptes Fenster nach draußen führt. Ein Ventilator am Ende des Rohrs sorgt dafür, dass die Luft aktiv nach außen transportiert wird.
Erdacht hat sich die Konstruktion Frank Helleis, dessen Frau Lehrerin in Mainz ist. Über sie kam auch der Kontakt zur Schule zustande. „Es hörte sich so einfach und überzeugend an, dass wir uns sofort entschlossen haben, mitzumachen,“ sagt Roland Wollowski, Schulleiter an der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim. So entstand schnell ein Prototyp, den Frank Helleis mit seinen Kollegen bereits im Sommer in einem Klassenraum montierte und seit dieser Zeit testet.
„Unsere Messungen haben gezeigt, dass das Abluftsystem mit den Hauben über 90 Prozent der Aerosole kontinuierlich entfernt“, sagt Helleis. Zwar funktioniert die simple Anlage auch ohne die trichterförmigen Hauben über den einzelnen Tischen, diese sammeln die Aerosole dort aber gezielt ein. Dies hat der Physiker mit Aerosolspektrometern und künstlich erzeugten Aerosolen nachgewiesen.
Helleis hat die Anlage bewusst für den praktischen Einsatz konzipiert: Wegen der geringen Material- und Betriebskosten könnte sie eine clevere Alternative zum Stoßlüften und teuren Filteranlagen bieten. Da zudem die Anforderungen an den Raum niedrig sind – es braucht nur eine Steckdose und ein kippbares Fenster oder Oberlicht –, ist das modulare System beispielsweise auch in Turnhallen geeignet.
Auch die lüftungsbedingten Energieverluste würden durch die Anlage verringert, so Wollowski.
Derzeit braucht es noch etwas handwerkliches Geschick, da die Einzelteile individuell zusammengebaut und montiert werden müssen. Dazu erstellen Frank Helleis und seine Kollegen eine Bauanleitung, um die Hürde für den Nachbau möglichst gering zu halten. Diese werden sie in Kürze auf die Webseite des Max-Planck-Instituts für Chemie stellen. Bereits jetzt gibt es dort ein Kontaktformular, über das Interessierte die Anleitung kostenfrei bestellen können. Die Mainzer Forscher stehen zudem in Kontakt mit Unternehmen, die einzelne Formteile für die Konstruktion fertigen könnten – das würde den Nachbau noch leichter machen.
Frank Helleis ist überzeugt, dass die Anlage auch nach der Pandemie im Einsatz bleiben wird. „Unser System löst auch das lange bekannte CO2-Problem in Klassenräumen. Denn es befördert nicht nur Aerosole nach draußen, sondern reduziert auch die CO2-Anreicherung, sodass sich die Schüler besser auf den Unterricht konzentrieren können.“
Der Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Chemie.
Bildquelle: Josh Calabrese, unsplash