Ein 65-Jähriger wird nach einem epileptischen Anfall ins Krankenhaus eingeliefert. Auf die Ehefrau wirkt der Mann schon länger verwirrt. Die Ärzte suchen nach der Ursache – und machen eine überraschende Entdeckung.
Ein 65-jähriger Mann wird nach einem generalisierten epileptischen Anfall ins Krankenhaus eingeliefert. Die Frau des Patienten berichtet, dass er in den vorangegangenen Tagen bereits zunehmend verwirrt war. Die klinische neurologische Untersuchung ist unauffällig mit einem GCS-Wert von 15. Die Bluttests sind ebenfalls weitgehend unauffällig, lediglich ein leicht erhöhtes CRP von 5,9 mg/L fällt auf. Ein EEG ist ebenfalls normal.
Um die Ursache für den Anfall zu erforschen, ordnen die Ärzte CT-Aufnahmen des Kopfes an. Darauf entdecken sie im rechten Frontallappen eine hypodense, kontrastverstärkte Läsion, die von einem Ödem umgeben ist. Eine Verschiebung der Mittellinie oder ventrikuläre Anomalien können sie nicht feststellen.
Da sich der Patient zuvor aufgrund von Prostatakrebs einer radikalen Prostatektomie mit adjuvanter Strahlentherapie unterzogen hatte, vermuten die Ärzte auch jetzt ein primäres Malignom oder ein Rezidiv. Daher ordnen sie ein onkologisches Screening von Thorax und Abdomen an. Doch dieses zeigt überraschenderweise keine Auffälligkeiten.
Woher kommt die Läsion dann? Um dies weiter abzuklären, lassen die Ärzte daher MRT-Aufnahmen anfertigen. Auf diesen ist dann endlich eindeutig, worum es sich wirklich handelt: Einen Hirnabszess mit Pachymeningitis.
Doch wie konnte es dazu kommen? Ein transthorakaler Ultraschall ist negativ für Herzvegetationen. Der Patient wird von nun an mit einigen Antiepileptika und Antibiotika behandelt. Zudem wird eine stereotaktische Drainage des Abszesses durchgeführt.
In einer anschließenden mikrobiologischen Untersuchung des Aspirats stellt sich heraus, dass der Erreger Porphyromonas gingivalis ursächlich für den Abszess war. Damit ist auch schnell die Eintrittspforte für den Erreger gefunden, denn der Mann hat eine Teilprothese der Zähne, um die er eine Parodontitis hat.
Seltsamerweise entwickelt der Patient 19 Tage nach der initialen Drainage eine Linkshemiparese und einen Linkshemineglect. Zudem nehmen die epileptischen Anfälle immer mehr zu. Eine erneute Bildgebung zeigt, dass sich der Abszess nun in den subduralen Raum und die Subkutis ausdehnt, ein subdurales Empyem bildet und bis in die okzipital-parietalen Regionen reicht.
Diesmal ist eine Inzision mit anschließender Drainage notwendig und endlich stellt sich unter der Antibiose die erhoffte Besserung ein. Er kann nach insgesamt 59 Tagen entlassen werden, wobei er nahezu kein neurologisches Defizit mehr hat.
Den ganzen Case-Report könnt ihr hier nachlesen.
Text- und Bildquelle: van der Cruyssen et al. / BMJ Case Reports
Headerbild: Tima Miroshnichenko, pexels