Wo finden die meisten Ansteckungen mit dem Coronavirus statt? Darüber soll eine Grafik des RKI informieren. Solche Abbildungen sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren.
Bei jeder Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts erhalten Journalisten neue Zahlen zum Infektionsgeschehen. Vergangene Woche wurde in einem RKI-Lagebericht eine Grafik gezeigt, die erklären soll, wo sich Bürger besonders häufig anstecken.
Ausbrüche mit mehr als fünf Fällen, nach Wochen geordnet. Grafik: RKI
Zur Interpretation: Während der ersten Phase, etwa ab Woche 13 bis Woche 19, haben sich die meisten Menschen in Alten- und Pflegeheimen infiziert, gefolgt von Krankenhäusern und Flüchtlingsheimen. Haushalte waren seltener. Im Sommer sank die Zahl an Ausbrüchen generell.
Zwischen den Wochen 24 und 26 wurde plötzlich der Arbeitsplatz zum großen Risiko, was auf mehrere fleischverarbeitenden Betriebe zurückzuführen ist. Und ab Woche 38 lief man in privaten Haushalten Gefahr, sich zu infizieren. „Das Virus verbreitet sich überall dort, wo Menschen zusammenkommen – wo sie gern und intensiv zusammenkommen“, sagt RKI-Präsident Lothar Wieler. Das sind meist Feiern aller Art.
„Ausbrüche in Verkehrsmitteln […] spielen keine so große Rolle“, ergänzt Wieler. Das erklärt er mit wenig Interaktion – Sprechen oder Singen produziert bekanntlich die meisten Aerosole. Wer nur Smartphone oder Buch zückt, verteilt weniger virushaltige Tröpfchen.
Schön und gut. Doch es gibt noch diese seltsamen grauen Balken („Weitere“). Wieler räumte bei der Pressekonferenz ein, dies seien nicht nur andere Ausbruchsorte. Mitunter wisse man schlicht nicht, wo sich Menschen infiziert hätten. Und dieser Balken vergrößert sich proportional zu den steigenden Fallzahlen.
Hinzu kommt: Die Darstellung zeigt absolute Zahlen. Daraus lässt sich per se nicht unbedingt ein Risiko ableiten:
Sinnvoller wäre es, die Inzidenz, also die Anzahl der Neuerkrankungen pro 100.000 Personen einer bestimmten Gruppe, anzugeben. Aber: Das wäre ein erheblicher Aufwand, ohne Frage.
Bildquelle: Raphaël Biscaldi, unsplash