Frauen sterben häufiger als Männer an Herzschwäche, weil die klinische Versorgung zu wenig auf Frauenherzen ausgerichtet ist. Wo genau liegen die Unterschiede?
Herzschwäche bei Frauen – ein oft verkanntes Problem. Dabei machen Frauen in Deutschland rund die Hälfte aller Betroffenen aus. Es sterben rund ein Drittel mehr Frauen als Männer daran. So starben im Jahr 2016 laut Deutschem Herzbericht 25.318 Frauen an Herzinsuffizienz gegenüber 15.016 Männern. Ein Grund ist vermutlich, dass Frauen die Symptome nicht ernst nehmen.
Sie leiden an Atemnot, wenn sie die Treppen hochsteigen, haben dicke Beine oder gar einen aufgedunsenen Bauch, sind müde, fühlen sich schwach und schwindelig. Dass ein schwaches Herz dahinterstecken kann, kommt vielen von ihnen nicht in den Sinn. „Herzschwäche ist bei Frauen sehr häufig, vor allem wenn gleichzeitig die Risikofaktoren Bluthochdruck, Übergewicht und eine Diabetes-Erkrankung vorliegen“, erklärt Prof. Vera Regitz-Zagrosek.
Die Internistin und Kardiologin ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und rät Frauen, beim Arztbesuch auf bestimmte Punkte zu achten, um sich vor leicht vermeidbaren Komplikationen ihrer Erkrankung zu schützen: Geraten Frauen etwa bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind schnell erschöpft, sollten sie ihren Arzt bitten, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen. Die Deutsche Herzstiftung informiert über die Herzschwäche bei Frauen und viele weitere Aspekte der Herzinsuffizienz im Rahmen der bundesweiten Herzwochen.
Ist das Herz zu schwach, kann es während der Systole entweder nicht mehr ausreichend Blut und damit Sauerstoff in die Lunge oder in den Körper pumpen oder aber während der Diastole nicht mehr genug Blut aufnehmen. Letzteres ist bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern der Fall, wie man heute weiß. Frauenherzen sind steifer und können sich somit weniger ausdehnen und mit Blut füllen. Man spricht von einer diastolischen Herzinsuffizienz mit erhaltender Pumpfunktion.
Mit zunehmendem Alter werden die Herzen von Frauen noch fester. Denn in der Menopause kommt es infolge des Östrogenmangels zu erhöhtem Blutdruck sowie vermehrter Bildung von Bindewebe im Herzen. „Diese durch einen Mangel an körpereigenem Östrogen bedingte Herzschwäche, lässt sich nicht durch eine Hormontherapie ausgleichen“, betont Regitz-Zagrosek, die auch Seniorprofessorin an der Charité Universitätsmedizin Berlin ist.
Frauen haben nicht nur festere, sondern auch kleinere Herzen als Männer. Die geringere Größe wird dadurch ausgeglichen, dass ihre Herzen mit einer höheren Auswurffraktion arbeiten als die der Männer. Die Auswurffraktion gibt an, wieviel Prozent des Blutes, das sich im Herzen befindet, mit jedem Schlag in den Körper gepumpt wird. Bei gesunden Männern sind das mindestens 55 Prozent des Blutes im Herzen, bei gesunden Frauen wohl mehr als 60 Prozent.
„Bislang aber orientiert man sich bei Frauen an dem Mindestwert für Männer von 55 Prozent“, erklärt die Kardiologin. „Die Fachwelt diskutiert derzeit, dass der Mindestwert für Frauen wahrscheinlich höher ist als der für Männer.“ Dazu kommt: Die Auswurffraktion nimmt im Alter normalerweise zu, bei Frauen stärker als bei Männern, weil Herzgröße und -masse bei beiden Geschlechtern abnehmen. „Das könnte einmal mehr dazu beitragen, dass die Auswurffraktion insbesondere bei vielen älteren Frauen als normal angesehen wird, obwohl sie längst an einer Herzschwäche leiden“, meint die Expertin.
So hat mittlerweile etwa die Hälfte aller Patienten mit Herzschwäche, die in Kliniken aufgenommen werden, eine vermeintlich normale Auswurffraktion. Der Großteil von ihnen sind Frauen.
Bei Frauen kommen noch weitere besondere Formen der Herzschwäche vor. So kann im letzten Drittel der Schwangerschaft und etwa ein halbes Jahr nach der Geburt eine lebensbedrohliche Peripartale Kardiomyopathie (PPCM) auftreten. Alarmzeichen sind plötzliche Atemnot, Schwäche oder Flüssigkeitsansammlungen im Körper. Schon bei den ersten Signalen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.
Das Broken-Heart-Syndrom ist eine Herzschwäche, die fast nur bei Frauen nach den Wechseljahren auftritt. Sie ist oftmals eine Folge von massivem emotionalem Stress. Die Symptome sind ähnlich einem Herzinfarkt: Atemnot, Engegefühl in der Brust, starke Schmerzen. „Das Herz kontrahiert an der Basis stärker als an der Spitze“, erläutert Regitz-Zagrosek. „Durch dieses Ungleichgewicht im Kontraktionsablauf wird zu wenig Blut ausgeworfen und der Körper nicht ausreichend versorgt.“ Dieser Zustand ist ebenfalls lebensgefährlich.
Infokasten – Prof. Vera Regitz-Zagrosek rät:
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung e.V.
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