In der „heißen Phase“ wurden Subventionsanträge für Praxen eher lax geprüft und schnell bewilligt. Jetzt naht das dicke Ende: Mehrere Strafverfahren laufen. Das sollten Ärzte wissen.
Eigentlich sollte das Gesetz niedergelassenen Ärzten schnell und unbürokratisch helfen. Als die Corona-Krise begann und Patienten ausblieben, sollte der Schutzschirm Honorarverluste abpuffern. Die Rede ist vom „COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“. Im Juni soll es über 25-protenzige Einbrüche bei Fallzahlen und Leistungen gegeben haben, berichtet die KV Nordrhein. Besonders stark seien Augenärzte, HNO-Ärzte und Orthopäden, aber auch Kinder- und Jugendärzte und Chirurgen betroffen.
Doch jetzt könnte der Schuss nach hinten losgehen. Denn offenbar waren viele Kollegen im niedergelassenen Bereich nicht so stark betroffen wie anfangs befürchtet – oder haben unwissentlich Fehler gemacht.
Zum Hintergrund: Wer Soforthilfen beantragt hat, musste folgende Formulierung bestätigen:
„Mir ist bekannt, dass es sich bei den Angaben (…) um subventionserhebliche Tatsachen i. S. d. § 264 des Strafgesetzbuches i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 (BGBI I S. 2037) und Art. 1 des Landessubventionsgesetzes (GV. NW. 1977 S. 136) handelt. Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) zur Folge haben können.“
Wer ein fehlerhaftes Formular abgeschickt hat, aus welchem Grund auch immer, macht sich bereits des Subventionsbetrugs schuldig. Ob ein Kollege Geld bekommen hat oder ob der Antrag abgelehnt worden ist, spielt dabei keine Rolle. Eine sogenannte „leichtfertige Tatbegehung“ reicht dafür aus. Sprich: Der Arzt hat nach Ansicht von Staatsanwälten beim Ausfüllen des Antrags nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen.
Nun will man keinem Kollegen Vorsatz unterstellen – aber leichtfertige Fehler können schnell passieren. Einige Beispiele:
Soforthilfen gelten de jure als letzte Maßnahme, um die Existenz zu sichern. Hat der Praxisinhaber aber zuvor bei Banken wegen Krediten nachgefragt? Oder hat er versucht, gesetzliche Möglichkeiten der Kurzarbeit auszuschöpfen? Im Zweifelsfall werden genau diese Aspekte beurteilt, inklusive Nachweispflicht.
Ärzte müssen sich zudem auf Fragen gefasst machen, wie sie Subventionen verwendet haben. Flossen Gelder in die Miete von Räumen oder in Gehaltszahlungen, ist alles wunderbar. Wer Mittel privat genutzt hat, etwa, um Raten für den Wohnungskredit zu tilgen, muss sich im Falle der Überprüfung auf Schwierigkeiten einstellen.
Aber auch das Antragsformular hat seine Tücken. So werden Mitarbeiter nicht nach Köpfen gezählt, sondern hinsichtlich ihrer Arbeitszeit. Angestellte bekommen unterschiedliche Faktoren (450-Euro-Verträge: Faktor 0,3; Mitarbeiter bis 20 Stunden pro Woche: 0,5; bis 30 Stunden: 0,75; darüber hinaus 1,0). Daraus wird eine Gesamtsumme gebildet.
Und nicht zuletzt will das Finanzamt ein Wörtchen mitsprechen. Denn Subventionen gelten als Betriebseinnahmen und sind dementsprechend zu versteuern.
Die Konsequenz: Fehlerhafte Angaben – auch ohne böse Absicht – sind generell ein Straftatbestand. Sie führen zu Freiheitsstrafen von maximal fünf Jahren oder zu Geldstrafen. Für Ärzte sind die Folgen im Falle einer Verurteilung noch schwerwiegender als für andere Unternehmer. Ihnen droht ein Verbot der Berufsausübung aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit. Das kann auch bei Straftatbeständen ohne jeden Bezug zu Patienten der Fall sein, etwa bei Betrug.
Wie es weitergehen wird, ist derzeit offen. Auch Gerichte betreten mit der SARS-CoV-2-Pandemie Neuland. Warten wir auf Grundsatzurteile.Bildquelle: Jesse Oricco/Unsplash