Der „Serum Response Faktor“ steuert die Gefäßentwicklung bei Mäusen. Er nimmt Einfluss auf mehrere Gene, die für die Stabilität der Kapillaren aktiv sein müssen. Eine veränderte Aktivität könnte auch beim Menschen zum Entstehen bestimmter Formen des Schlaganfalls beitragen.
Wie die Entwicklung und Instandhaltung der Kapillaren im Gehirn auf molekularer Ebene gesteuert wird, haben internationale Forscher um Dr. Christine Weinl vom Interfakultären Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen analysiert. Die Forscher haben bei Untersuchungen an gentechnisch veränderten Mäusen festgestellt, dass der – in vielen anderen zellulären Prozessen wichtige – „Serum Response Faktor“ mehrere Gene steuert, die für die Stabilität und Schrankenfunktion der kleinen Gefäße entscheidend sind.
Die feinen Gefäße im Gehirn werden von den Endothelzellen gebildet, die durch mehrere Kontaktstrukturen eng miteinander verbunden sind. Diese Kontakte zwischen den Endothelzellen, verleihen den Kapillaren eine hohe mechanische Stabilität und erlauben den Zellen darüber hinaus, den Stoffaustausch zwischen dem Blut und dem Hirngewebe spezifisch und genau zu kontrollieren. Sie bilden die Blut-Hirn-Schranke, die das empfindliche Hirngewebe besonders vor Schadstoffen schützt. Das Wissenschaftlerteam untersuchte gentechnisch veränderte Mäuse, bei denen in den Endothelzellen der „Serum Response Faktor“ künstlich entfernt wurde. Bei diesen Mäusen war die Blut-Hirn-Schranke nicht voll funktionsfähig, und im Gehirn traten vermehrt Blutungen auf – die Tiere entwickelten das Krankheitsbild der Kleingefäßerkrankung des Gehirns. Sowohl bei neugeborenen als auch bei erwachsenen Mäusen löste ein Mangel an „Serum Response Faktor“ Gehirnblutungen aus.
Über die Magnetresonanztomografie ließen sich die entstehenden Schäden im Gehirn genauer lokalisieren und im zeitlichen Ablauf erfassen. Auf molekularer Ebene zeigte sich, dass der „Serum Response Faktor“ Einfluss auf mehrere Gene nimmt, die zur Entwicklung und Stabilität der kleinen Gefäße aktiv sein müssen. Bei Mangel an „Serum Response Faktor“ verloren die dichten Zellverbindungen der kleinen Gefäße ihre Funktionalität und erlaubten den Austritt von Blut aus den Gefäßen. Die Wissenschaftler machten somit den „Serum Response Faktor“ als Hauptregulator des Aufbaus und der Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke dingfest. Sie entwickeln die Hypothese, dass eine veränderte Aktivität des Faktors und seiner Zielgene auch beim Menschen zum Entstehen der Kleingefäßkrankheit des Gehirns und bestimmter Formen des Schlaganfalls beitragen könnte. Originalpublikation: Endothelial depletion of murine SRF/MRTF provokes intracerebral hemorrhagic stroke Christine Weinl et al.; PNAS, doi: 10.1073/pnas.1509047112; 2015