Mein Patient Herr Blomp langweilt sich. Ob er mal kurz nach Hause gehen und sich neue Socken holen dürfe, fragt er. Missmutig willige ich ein. Und bereue es, als er nicht mehr auftaucht.
Herr Blomp hatte eine Herzerkrankung im Rahmen derer er auch bewusstlos geworden war. Wir planten nun die Implantation eines Schrittmachers und bevor wir das tun konnten, warteten wir auf das Abklingen eines akuten Infektes, den Herr Blomp außerdem besaß.
Herr Blomp war es währenddessen sehr langweilig, deswegen bedrängte er mich in meinem Dienst: Er wolle unbedingt kurz heimgehen und neue Socken holen. Ihm ginge es gut und er wohne in der Nähe. Nach längerer Diskussion unterschrieb er den Gegen-ärztlichen-Rat-Zettel und versprach auf jeden Fall in 15 Minuten wieder da zu sein; mit neuen Socken.
Dann machte ich etwas anderes, das dauerte ca. eine Stunde. Hierauf rief mich Schwester Benuta an und berichtete Herr Blomp sei immer noch nicht zurück. Das war blöd, denn einerseits hatte Herr Blomp nach ausführlicher Aufklärung unterschrieben, er würde auf eigene Verantwortung diesen Ausflug machen. Andererseits konnte ich jetzt ja nicht ausschließen, dass er doch bewusstlos irgendwo lag.
Schwester Benuta hatte daher auch schon die Polizei angerufen, die sich darüber ärgerte. Deswegen rief ich nochmal an und der Polizist ließ sich grumpelig die Adresse des Patienten geben inklusive einer Schilderung der Sockengeschichte. Eine Viertelstunde später rief er mich erneut an und erklärte die Adresse des Patienten sei ja am Stadtrand und gar nicht neben der Klinik. Ob uns das klar wäre: Das sei kein 5-Minuten Fußweg. Dann legte er auf. Ich sah mich nun verpflichtet, den Fußweg zur Adresse des Patienten auf einer beliebten Internetseite zu recherchieren. Das Internet gab hier eine Dauer von 75 Minuten pro Geh-Wegstrecke an.
Ich diskutierte mit Schwester Benuta darüber, ob Herr Blomp hirnrissigerweise 2,5 Stunden Fußweg auf sich genommen hätte; bezüglich dieser Wanderung wäre er sogar noch zeitmäßig im Lauffenster. Also rief ich erneut die Polizei an zur, öh, Lagebesprechung, woraufhin der Beamte erklärte, auch er habe recherchiert und festgestellt, dass Herr Blomp uns eine falsche Adresse mitgeteilt habe. Hmhm, ah ja. Die Meldeadresse sei woanders. Nämlich in der Wohnanlage direkt gegenüber der Klinik. Da fuck?
Hieraufhin schickten wir nach einiger Überredung den Securitymitarbeiter der Klinik nach Gegenüber mit der Anweisung, nach Herrn Blomps Wohnung zu suchen und ggf. wild zu klingeln und zu klopfen.
Der Securitymitarbeiter tat dies, fand tatsächlich die genannte Wohnung, klopfte und klingelte sehr lang und ausführlich, woraufhin ihm schließlich Herr Blomp die Tür öffnete und fragte, was eigentlich los sei. Wie das Krankenhaus? Ach ja. Naja, er habe sich eben aufs Sofa gelegt und erst mal ein Nickerchen gemacht. Hmhm.
Wohlbehütet hatten wir ihn dann wieder zurück, den Herrn Blomp. Die Polizei freute sich und wir auch. Zumindest etwas. Vielleicht hätten wir ihn einfach schlafen lassen sollen, aber das weiß man später immer besser.
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