Ein 48-jähriger Mann erleidet einen epileptischen Anfall – kurz darauf wird er komatös ins Krankenhaus eingeliefert. Die Befunde sind unauffällig. Nur ein Wert macht die Ärzte stutzig.
Ein 48-jähriger, nicht-ansprechbarer Mann wird nach einem tonisch-klonischen Anfall in die Notaufnahme gebracht. Bei der ersten körperlichen Untersuchung ist er komatös. Der Blutdruck beträgt initial 178/121 mmHg, die Herzfrequenz 105 bpm, die Atemfrequenz liegt bei 18 Atemzügen/Minute. Der GCS-Wert beträgt 3, was eine Intubation und Verlegung auf die Intensivstation erforderlich macht. Die medizinische Vorgeschichte des Mannes ist weitgehend unauffällig. Doch seit 20 Jahren leidet er an einer therapieresistenten arteriellen Hypertonie. Zudem ist der Patient übergewichtig, ein Diabetes Typ 2 ist bekannt. Die Familienanamnese ist ebenfalls unauffällig.
Bei den ersten Blutuntersuchungen sticht den Ärzten der Kaliumwert des Mannes ins Auge, denn dieser ist mit 2,6 mmol/L erniedrigt. Doch darüber hinaus gibt es keine Hinweise auf eine Entzündung, die Schilddrüsen- und Herzparameter sind unauffällig. Eine Urinuntersuchung fällt ebenfalls normal aus. Weder ein EKG, noch ein EEG oder Röntgenbild des Thoraxes liefern einen Hinweis auf die Ursache des Anfalls. Vielleicht könnten eine Hirnblutung oder Schlaganfall ursächlich gewesen sein? Doch die CT- und MRT-Aufnahmen sehen ebenfalls völlig normal aus.
MRT-Bild des Gehirns ohne Läsionen
Was könnte noch die Bewusstseinseinschränkung des Mannes erklären? Um den niedrigen Kaliumwert abzuklären, lassen die Ärzte einige weitere Blutwerte untersuchen. Dabei machen sie eine alarmierende Entdeckung: Der Aldosteronwert ist mehr als doppelt so hoch wie der Normwert, der Renin-Wert ist dahingegen stark vermindert. Das Hormon wird in der Nebennierenrinde gebildet und reguliert den Wasserhaushalt im Körper, indem Natrium retiniert und Kalium vermehrt ausgeschieden wird. Damit ist zumindest der Mechanismus der Elektrolytstörung und vermutlich auch des Bluthochdrucks geklärt.
Doch warum ist das Aldosteron zu hoch? Die Ärzte vermuten die Ursache direkt in der Nebennierenrinde – und tatsächlich entdecken die Radiologen auf CT-Bildern des Abdomens eine etwa murmelgroße Struktur an der linken Nebenniere – ein Tumor?
Adenom der linken Nebenniere in der Abdomen-CT
Nach zwei Tagen erwacht der Patient aus dem Koma und kann extubiert werden, ein anhaltendes neurologisches Defizit scheint nicht zu bestehen. Die Nebenniere mit der fragwürdigen Struktur wird laparoskopisch entfernt und nach der histopathologischen Untersuchung steht fest: Es handelte sich um ein Adenom, das ein Conn-Syndrom hervorgerufen hatte.
Histologischer Schnitt des Adenoms (zentral im Bild)
Ein Jahr später benötigt der Patient nur noch ein einziges blutdrucksenkendes Mittel, die Hormon- und Elektrolytwerte sind allesamt normal. Und der epileptische Anfall? War vermutlich eine seltene Komplikation des Conn-Syndroms.
Zum detaillierten Fallbericht komt ihr hier.
Bildquelle: Serge Kutuzov, unsplash