Bisher gab es keine deutschsprachige Leitlinie mit Empfehlungen zu Mehrlingsschwangerschaften. Nun haben die DEGUM und die DGGG eine erstellt.
Die Wahrscheinlichkeit, mit Zwillingen schwanger zu werden, hat stark zugenommen. Etwa eine von 54 Müttern bekommt heute zwei Kinder auf einmal. War 1977 nur jedes 56. Neugeborene ein Mehrling, so sind es heute nach Angaben des Statistischen Bundesamtes doppelt so viele. „Grund dafür ist zum einen die Zunahme von künstlichen Befruchtungen, zum anderen aber auch das höhere Durchschnittsalter der werdenden Mütter“, erklärt Dr. Kai-Sven Heling, Pränataldiagnostiker und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Denn Frauen haben mit zunehmendem Alter häufiger zwei Eisprünge pro Zyklus.
Eine Zwillingsschwangerschaft ist immer mit Risiken verbunden. Eine engmaschige Begleitung durch ultraschallerfahrene Ärzte sei bei einer Zwillingsschwangerschaft daher essenziell, empfehlen Experten der DEGUM. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) hat die DEGUM nun die erste deutschsprachige AWMF-Leitlinie zur Überwachung und Betreuung von Zwillingsschwangerschaften herausgegeben.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass jene Zwillingsschwangerschaften, welche einem erhöhten Risiko für Komplikationen unterliegen, frühzeitig identifiziert und kontinuierlich per Ultraschall betreut werden“, erklärt Prof. Constantin von Kaisenberg, Bereichsleiter Geburtshilfe und Pränatalmedizin des Perinatalzentrums der Medizinischen Hochschule Hannover und Leitlinienbeauftragter der DEGUM. „Durch regelmäßige Ultraschall-Untersuchungen lassen sich durch die frühzeitige Erkennung von Komplikationen und ein daraus ableitbares Management die Mortalität und Morbidität der betroffenen Zwillinge deutlich senken“, ergänzt Prof. Kurt Hecher vom UKE Hamburg, Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Geburtshilfe und Pränatalmedizin in der DGGG.
Im Vergleich zu Einlingsschwangerschaften kommt es bei Zwillingen häufiger zu komplizierten Verläufen. Zu den Hauptrisiken zählen Fehlbildungen und eine Frühgeburt. Die Schwangeren haben zudem schon allein aufgrund der stärkeren körperlichen Belastung durch zwei Kinder im Bauch ein erhöhtes Risiko für Hypertonie, Schwangerschaftsdiabetes, Blutarmut und Präeklampsie. Gefährdet sind aber vor allem die Feten selbst. Entscheidend dabei ist vor allem, ob sich die Ungeborenen eine Plazenta und/oder eine Fruchthöhle teilen müssen.
Zwillingsschwangerschaften, bei denen jeder Fetus eine eigene Plazenta und eine eigene Fruchthöhle hat, sind in der Regel wenig problematisch. „Bei diesen Schwangerschaften geht es vor allem darum, dass die Feten wenig Platz haben und zusammen ein deutlich höheres Gewicht aufbringen als ein Einling“, erklärt von Kaisenberg. Der Druck auf den Muttermund steige enorm, eine Frühgeburt drohe. Zwillinge werden deshalb auch spätestens in der Schwangerschaftswoche 38 geboren.
Bei jeder fünften Zwillingsschwangerschaft teilen sich die Ungeborenen hingegen eine Plazenta. Eine solche monochoriale Schwangerschaft lässt sich bis Schwangerschaftswoche 14 mithilfe der Ultraschalldiagnostik feststellen. Diese Kinder sind in besonderer Weise gefährdet. So kann es sein, dass eine Gefäßverbindung zwischen den Zwillingen besteht, es droht die Gefahr des fetofetalen Transfusionssyndroms (TTTS).
Dabei kommt es zum einseitigen Blutaustausch zwischen den Ungeborenen: Das eine gibt Blut ab, das andere nimmt es auf. „Bei monochorialen Zwillingen muss ganz engmaschig betreut werden, um zu sehen, ob eines der Kinder unterversorgt ist und das andere zu viel abbekommt. Es könnten einer oder auch beide sterben“, sagt von Kaisenberg.
Die ganze Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin findet ihr hier.
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