Innsbrucker Forscher haben die Auswirkungen eines für Chemotherapie-induzierte Übelkeit zugelassenen Cannabinoids auf Parkinsonpatienten untersucht. Die Ergebnisse sorgen für Aufsehen.
Zu den nichtmotorischen Symptomen (NMS) bei Parkinson gehören Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems (wie orthostatische Hypotonie und Obstipation), Geruchsstörung, Veränderungen der Stimmungslage, Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit, Wahrnehmungsstörungen und Halluzinationen sowie Störungen des Schlaf-/ Wachzustands wie Schlaflosigkeit, Tagesmüdigkeit oder Störungen des Traumschlafs (REM-Schlafverhaltensstörung).
„Viele davon können die typischen motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit um Jahre oder sogar Jahrzehnte vorwegnehmen“, erklärt Klaus Seppi, Neurologe an der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie und korrespondierender Autor der Studie. Die Belastung durch NMS nimmt im Allgemeinen während des Krankheitsverlaufs zu. „Es gibt jedoch nur wenige Daten aus kontrollierten klinischen Studien zur Behandlung der NMS. Die verfügbaren Behandlungsoptionen sind begrenzt bzw. die Ergebnisse oft unbefriedigend“, beschreibt Seppi die Motivation zur Durchführung dieser Studie, die die Wirkung von Cannabinoiden auf Parkinson untersucht.
„Die potenzielle therapeutische Wirkung von Cannabinoiden auf Motorik und NMS bei Parkinson ist ein wichtiges Thema und wird häufig von Patientinnen und Patienten im Behandlungsraum angesprochen“, so die Erstautorin der Studie, Marina Peball. Bis zu 95 Prozent der Neurologen der Center of Excellence der National Parkinson Foundation, die an einer von der der Michael-J.- Fox-Stiftung für Parkinson-Forschung unterstützten Online-Umfrage zu Cannabis teilnahmen, seien von Parkinson-Patienten um Verschreibung von medizinischen Marihuana gebeten worden.
Es gibt jedoch nur begrenzte Belege für ihre Anwendung von Cannabinoiden bei Parkinson, da die verfügbaren Studien entweder zu klein oder unkontrolliert waren. „In unserer Studie haben wir die Wirkung von Nabilon auf die kontrollierte Behandlung von NMS bei Parkinson randomisiert und doppel-blind sowie Placebo-kontrolliert bei einer hohen Zahl an PatientInnen untersucht“, erklärt Seppi. Zu diesem Zweck wurde ein Entzugsdesign verwendet, nachdem alle Probanden auf Nabilon eingestellt wurden.
Nabilon ist ein synthetisches Analogon von Tetrahydrocannabinol, der psychoaktiven Komponente von Cannabis, mit ähnlichen pharmakologischen Eigenschaften. „Wir haben uns zur Durchführung dieser Studie mit Nabilon entschieden, da dessen Hersteller AOP Orphan das Medikament und das dazugehörige Placebo zur Verfügung gestellt hat. Auch andere Präparate wären infrage gekommen“, so Seppi.
Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal der American Neurological Assosiation Annals of Neurology publiziert und haben international für Aufsehen gesorgt. Das Besondere an dieser Studie ist auch, dass es die erste randomisiert kontrollierte Studie ist, die die Wirksamkeit und Sicherheit eines Cannabinoids bei der Behandlung von NMS bei Patienten mit Parkinson untersucht.
„Unsere Ergebnisse zeigen eine Verbesserung der gesamten NMS-Belastung mit Nabilon, was sich insbesondere in einer Verminderung der Angstzustände und Schlafstörungen widerspiegelt. Die Behandlung wurde gut vertragen. Diese Studie ergänzt den bisher begrenzten Nachweis zur Wirksamkeit einer Behandlung auf Cannabinoidbasis bei PatientInnen mit störenden NMS bei Parkinson“, fassen die Studienautoren zusammen. „Angesichts der Daten und möglichen Wirkmechanismen können wir sagen, dass Nabilon nichtmotorische Symptome bei Patientinnen und Patienten mit Parkinson zu verbessern scheint“, schließen sie.
Das Ergebnis dieser Studie kann zu einem besseren Verständnis des Werts von Cannabinoiden für die Behandlung von NMS bei Patienten mit Parkinson beitragen und könnte zudem als Basis für größere kontrollierte, eventuell zu einer Zulassung führender Studien dienen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Medizinischen Universität Innsbruck
Zur ganzen Studie kommt ihr hier.
Bildquelle: Robert Nelson, unsplash