Ein Pärchen kommt mit ihrem krampfenden Zwergpudel in die Tierklinik. Dass es sich jedoch nicht um einen epileptischen Anfall handelt, wird den Tierärzten schnell klar. Sie haben einen Verdacht, warum sich der Zustand des Tieres weiter verschlechtert.
Ein junges Paar kommt eines Abends mit ihrer 3 Jahre alten, intakten Zwergpudelhündin in die Kleintierklinik. Sie zeigt eine Herzfrequenz von 138, eine Atemfrequenz von 62, eine Rektaltemperatur von 42°C und intermittierende Krampfanfälle. An der Anmeldung verhalten sich die Besitzer – über das übliche Maß hinaus – nervös.
Wegen seines ernsten Zustands wird der Hund kurze Zeit später in die Notaufnahme der Kleintierklinik der nahegelegenen Universität überwiesen. Während des Transports entwickelt er nach und nach Hautrötungen und ausgedehnte Petechien im Abdominalbereich. Er beginnt, wässrig-blutigen Durchfall zu entwickeln und auf dem Weg hat er erneut 3 kurze Krampfanfälle (etwa 50 Sekunden).
In der Uniklinik angekommen, ergibt die körperliche Untersuchung, trotz stetigen Kühlens, eine Rektaltemperatur von 41,5°C, eine Herzfrequenz von 186 Schlägen pro Minute, keuchende Atmung, einen systolischen Blutdruck von 166 mmHg und einen diastolischen Blutdruck von 117 mmHg. Der Hund reagiert auf Ansprache, ist aber extrem unruhig. Er hat eine beidseitige Mydriasis und zeigt Kreisbewegungen.
In der Universitätsklinik erfolgt eine komplette hämatologische Untersuchung: Der Hund weist eine Leukozytose, einen Hämatokrit von 31,2 % (Ref.37,3% - 61,7%), Thrombozytopenie, und Neutrophilie auf. In der Blutchemie ist eine Erhöhung von ALT und AP sowie eine milde Hypoglykämie sichtbar. Die Gerinnungswerte sind erhöht. Die Blutgasanalyse ergibt einen pH-Wert von 7,20 (Ref. 7,31-7,42) und ein Basendefizit mit unauffälligen Kalium-, Chlorid- und Natriumkonzentrationen.
Eine Röntgen- Übersichtsaufnahme wird angefertigt, und zeigt, dass der Magen und Dünndarm sowie Teile des Dickdarms mit Gas gefüllt sind. Die Verdachtsdiagnose lautet: funktioneller oder paralytischer Ileus.
A: Übersichtsaufnahme, latero-lateral, rechtsanliegend. B: Übersicht, ventrodorsal
Nach der Blutprobenentnahme und dem Röntgen erhält der Hund weitere Kühlung unter Überwachung der Köpertemperatur, eine Infusion mit Kochsalzlösung sowie 3,6 mEq Natriumbikarbonat i.v., um das Basendefizit zu korrigieren.
Glukoselösung wird unter kontinuierlicher Überwachung zur Regulierung der leichten Hypoglykämie verabreicht. Um die Anfälle zu kontrollieren, bekommt der Patient Phenobarbital und Acepromazin intravenös. Zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden mikrovaskulären Perfusion erhält er außerdem niedermolekulares Heparin.
Wegen des auffälligen Verhaltens der Besitzer, untersuchen die Tierärzte mithilfe von Schnelltests den Urin des Tieres auf gängige Partydrogen. Das Ergebnis: Methamphetamin – auch als Crystal Meth oder „Ice“ bekannt – positiv. Eine spätere Untersuchung mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) ergiebt eine Methamphetamin-Konzentration in Serum und Urin von 0,32 μg/mL bzw. 2,35 μg/mL.
Zur Erleichterung der behandelnden Ärzte verbessert sich der Zustand des Hundes während der ersten 24 Stunden in der Tierklinik. Nach Verabreichung von Phenobarbital und Acepromazin hat er nur noch einige kurze Anfälle und gelegentliche Muskelzuckungen.
Nach 48 Stunden werden keine Krampfanfälle mehr beobachtet. Am dritten Tag kann auch kein Methamphetamin mehr im Urin nachgewiesen werden.
Am sechsten Tag des Klinikaufenthalts ist die Hündin klinisch gesund und alle Labordaten sind, mit Ausnahme einer leicht erhöhten AP, wieder normal. Sie kann ohne weitere Medikamente zurück in die örtliche Tierklinik überwiesen werden.
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Bildquelle: Bob W, unsplash