Es gibt zwar Medikamente zur Therapie der Herzinsuffizienz und der zugrundeliegenden Erkrankungen, doch die Sterblichkeit und Zahl der Krankenhausaufnahmen bleiben hoch. Können SGLT2-Inhibitoren helfen?
Eine chronische Herzinsuffizienz entsteht meist als Folge anderer kardiovaskulärer Erkrankungen wie Hypertonie, einer koronaren Herzerkrankung und nach Herzinfarkten oder Herzmuskelentzündungen. Außerdem gibt es eine familiäre Vorbelastung bei manchen Formen der Herzmuskelerkrankung (genetische Kardiomyopathien).
Effiziente Medikamente zur Therapie der Herzinsuffizienz und vor allem der zugrundeliegenden Erkrankungen sind zwar in den vergangenen Jahren entwickelt worden, dennoch bleiben die Sterblichkeit und die Zahl der Krankenhausaufnahmen hoch. Neue Studiendaten lenken das Augenmerk von Kardiologen nun auf die ursprünglich für Diabetes mellitus entwickelten Medikamente Dapagliflozin und Empagliflozin aus der Gruppe der SGLT2-Inhibitoren.
Nachdem Glitazone in der Vergangenheit eine Erhöhung der Krankenhausaufnahmen wegen einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz verursachten, hatte die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA Sicherheitsstudien für alle neu entwickelten Antidiabetika verpflichtend gemacht. So fiel bei Zulassungsstudien zu SGLT2-Inhibitoren auf, dass sie nicht nur bei Diabetes helfen, sondern auch eine Verbesserung der Herzinsuffizienz zu bewirken scheinen.
Die Substanzklasse der SGLT2-Inhibitoren hemmt die Wiederaufnahme von Glukose vom Primärharn zurück ins Blut. Dadurch kommt es zu einem Glukoseverlust und so zu einer Blutzuckersenkung. Die Substanzen führen jedoch nicht nur zu einem Glukoseverlust über die Niere, sondern auch zu einem Natriumverlust und zu Stoffwechselveränderungen, die energetisch günstig für das Herz sein könnten.
Die Wirkung der beiden Medikamente auf Herzschwäche wurde nun in zwei großen Studien untersucht: Kurz nacheinander wurden die Ergebnisse der DAPA-HF- und der EMPEROR-Studie publiziert. Es handelte sich um große multizentrische Studien mit zusammen mehr als 8.000 Patienten, die doppelblind und randomisiert behandelt wurden.
Herzinsuffiziente Patienten mit einer eingeschränkten Ventrikelfunktion mit und ohne Diabetes wurden eingeschlossen. Alle Studienteilnehmer wurden weiterhin mit einer optimalen Standardtherapie der Herzschwäche versorgt. Beide Studien zeigten übereinstimmend eine Abnahme des Risikos für kardiovaskuläre Todesfälle und Herzinsuffizienz-Krankenhausaufnahmen um etwa 25 %. Die Effekte waren in beiden Studien unabhängig von einer modernen Begleittherapie und bei Patienten mit und ohne Diabetes mellitus vergleichbar.
„Beeindruckend ist die konsistente Abnahme von Herzinsuffizienzkomplikationen bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern in den Studien“, berichtet Prof. Michael Böhm, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Wissenschaftlicher Leiter beider Studien für Deutschland. „Das zeigt, dass sich aus einem Diabetesmedikament ein effizientes Herzinsuffizienzmedikament ausweislich der Wirkung bei Nicht-Diabetikern entwickeln kann.“
Prof. Andreas Zeiher, Präsident der DGK, ergänzt: „Diese Studienergebnisse sind eine wirklich gute Nachricht für alle Patienten mit Herzschwäche. Bisher zeigte kein anderes Medikament derart überzeugende Ergebnisse, insbesondere auch weil gleichzeitig die Nierenfunktion deutlich gebessert wird.“
Böhms Fazit ist, dass SGLT2-Hemmer in die Europäischen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz, die im Jahr 2021 erscheinen werden, höchstwahrscheinlich mit einer starken Empfehlung aufgenommen werden.
Zur Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie geht es hier. Die Studien haben wir euch im Text verlinkt.
Bildquelle: jesse orrico, Unsplash