Blutplättchen sind bei einem Schlaganfall in verschiedenen Stadien schädlich. Sie setzen erst den von-Willebrand-Faktor frei, der die Gerinnselbildung fördert. Später wandern sie in das Gehirngewebe und können dort die Apoptose auslösen.
„Die Wissenschaft vermutet schon seit längerem, dass Blutplättchen bei der Entstehung von Schlaganfällen eine wichtige Rolle spielen. Ihre genaue Funktion war bisher jedoch nicht bekannt“, sagt Professor Christoph Kleinschnitz, Leiter der Schlaganfallstation der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Die Forscher fanden heraus, dass Blutplättchen in verschiedenen Stadien des Schlaganfalls schädlich sind. In der frühen Phase setzen die Blutplättchen ein spezielles Gerinnungsprotein frei, den von-Willebrand-Faktor. Dieser fördert die Gerinnselbildung im Gehirn und verschlimmert die Hirnschädigung nach einem Schlaganfall. Blutplättchen sind aber auch in der späteren Phase eines Schlaganfalls bedeutsam. In einer weiteren Arbeit zeigt das Forschungsteam, dass die Blutplättchen dann aus den Gefäßen in das Gehirngewebe wandern und dort die Nervenzellen direkt schädigen können. „Der Mechanismus, der dabei zum Tragen kommt, heißt Apoptose“, so Dr. Peter Kraft, Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Sie wird aktiviert, sobald die Blutplättchen mit den Nervenzellen in Kontakt treten. Die Forscher konnten belegen, dass Blutplättchen in der Lage sind, die Apoptose im Gehirn auszulösen. Nach einem Schlaganfall lösen Blutplättchen Apoptose in Nervenzellen aus (l., sterbende Nervenzellen rot, Kerne gesunder Nervenzellen blau). Ohne Blutplättchen gehen weniger Nervenzellen in Apoptose. © Peter Kraft / Christoph Kleinschnitz
„Zu entschlüsseln, wie sich Blutplättchen in den unterschiedlichen Stadien eines Schlaganfalls verhalten, ist für die Entwicklung neuer Therapieansätze sehr wichtig“, erläutert Professor Kleinschnitz. „Große Hoffnungen setzen wir dabei auf neuartige Antikörper, die die schädigende Funktion der Blutplättchen unterdrücken können.“ Im Tiermodell wirken diese Antikörper sogar dann noch, wenn sie erst eine Stunde nach dem Schlaganfall verabreicht werden. Die Antikörper können außerdem die nervenschädigende Wirkung des von-Willebrand-Faktors mildern. Zudem führen sie dazu, dass die Nervenzellen seltener in den Selbstmordmodus gehen. „Damit könnten die Antikörper an verschiedenen Ursachen des Schlaganfalls angreifen und bei vielen Patienten eingesetzt werden“, sagt Kleinschnitz. Bis es soweit ist, seien jedoch noch weitere Untersuchungen und Sicherheitstest nötig. Originalpublikationen: Platelets induce apoptosis via membrane-bound FasL Daniel Nettersheim et al.; Blood, doi: 10.1182/blood-2013-12-544445; 2015 While not essential for normal thrombosis and hemostasis, platelet-derived von Willebrand factor fosters cerebral ischemia reperfusion injury in mice Christoph Kleinschnitzt et al.; Blood, doi: 10.1182/blood-2015-03-632901; 2015