Im Hochrisiko-Stadium einer Schizophrenie können bestimmte Vorsymptome auftreten. Mediziner wollen das Phänomen jetzt zur Früherkennung nutzen.
Die Vorsymptome im Hochrisiko-Stadium einer Schizophrenie können monate-, teilweise jahrelang bestehen, und zwar bei bis zu einem Viertel der Patienten. Von den Patienten, die erkranken, entwickelt etwa die Hälfte eine schizophrene Psychose, der Rest andere psychotische Erkrankungen, wie eine bipolare Störung mit psychotischen Symptomen. Diese sind aber relativ unspezifisch. Um besser abschätzen zu können, wer was wirklich entwickelt, will ein internationales Forscherteam jetzt bestimmte Biomarker bei Menschen mit Hochrisiko-Symptomatik untersuchen. Als einziges deutsches Studienzentrum ist die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München beteiligt.
Im sogenannten Hochrisiko-Stadium einer Schizophrenie können bestimmte Vorsymptome in Erscheinung treten: Schwierigkeiten im sozialen Umfeld, Streit, Kontaktabbrüche, Interessenlosigkeit an sonst geliebten Hobbys und verminderte Leistungen in Schule und Beruf, Angespanntheit, Empfindsamkeit und Verletzlichkeit, Probleme mit Gedächtnis und Aufmerksamkeit, Verwirrung, Ratlosigkeit, Stimmungsschwankungen mit depressiven Phasen, extremes Interesse in Religion oder Kult sowie sozialer Rückzug. Dazu körperliche Symptome wie Magen-Darm-Probleme, vermehrter Speichelfluss und Schwitzen oder eine veränderte Herzfrequenz. Und Schlafprobleme.
„Früherkennung ist bei psychischen Erkrankungen die Zukunft, denn so können wir den vollen Ausbruch der Psychose verhindern oder schwere Verläufe mildern“, sagt Klinikdirektor Prof. Peter Falkai. Die 27 Teams des internationalen „Psychosis Risk Outcomes Network“ unter Federführung der Yale University wollen für ihre Studie insgesamt über 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene rekrutieren. Sie zeigen Symptome im Hochrisiko-Stadium.
Die Forscher planen, die Phänotypen der Hochrisiko-Patienten genau zu beschreiben. Denn bislang wird sowohl die Therapie der Schizophrenie und anderer psychotischer Erkrankungen als auch die Entwicklung neuer spezifischer Medikamente durch die große Bandbreite der Symptomatik bei der Erstvorstellung der Patienten untergraben.
Die Patienten sollen in den kommenden zwei Jahren regelmäßig klinisch untersucht werden, wobei die Ärzte besonderes Augenmerk auf bestimmte Biomarker legen: die Struktur und Funktion des Gehirns, die Psychopathologie und Kognition der Patienten, die Gene, das Verhalten und die Sprache. Ihr Ziel ist, mit Hilfe moderner, rechnergestützter Datenanalyse herauszufinden, ob diese Biomarker taugen, um individuelle klinische Schizophrenie-Verläufe über prädiktive Modelle vorherzusagen – und so eine schnelle und spezifische Behandlung einleiten zu können.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Klinikums der Universität München.
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