In der Schweiz dürfen Apotheker seit ein paar Jahren impfen. Hier einige Erfahrungen, die ich dazu bei Grippe und FSME gemacht habe.
Vor ein paar Tagen habe ich einen Teil meiner 2-jährlichen obligatorischen Weiterbildung gemacht, damit ich weiterhin impfen darf. In der Schweiz dürfen die Apotheker seit ein paar Jahren impfen. Die Weiterbildung war interessant. Zwei Aspekte (eben die Grippe- und FSME-Impfung) möchte ich hier im Blog bringen, da beides aktuell.
Das neue Heilmittelgesetz sieht diese Möglichkeit vor und die Kantone, respektive die Kantonsärzte, definieren die Bedingungen dafür. Das gibt ein ziemlich uneinheitliches Bild (wen es interessiert, hier finden sich die Infos, wo was erlaubt ist) aber in der meisten Kantonen können die Apotheker inzwischen gegen die Grippe und FSME impfen. (Falls nicht: Der Kantonsarzt ist hier die richtige Anlaufstelle).
Gerade dieses Jahr mit dem neuen Coronavirus wird sehr empfohlen, die Grippeimpfung zu machen und das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte eigentlich angekündet, dass sie zusätzliche Impfdosen einkaufen würden. Weshalb? Es gibt gemeinsame Risikofaktoren und damit die Möglichkeit, die Überlastung aller Gesundheitsdienste zu vermindern, indem möglichst viele Risikopersonen und ihr Umfeld gegen Grippe geimpft werden.
Das Problem ist: So ein Influenza-Impfstoff braucht 6 Monate zur Herstellung. Wer also nicht diesen Frühling schon bestellt hat, bekommt keinen zusätzlich. Auch nicht das BAG. Das meldet auch die Infovac in ihrem letzten Bulletin: Alle für den Schweizer Markt vorgesehenen Grippeimpfstoffdosen sind bereits vorbestellt/reserviert. Und wer daran denkt, im Ausland zu bestellen: In anderen Ländern sieht das genau gleich aus, die brauchen sie auch mehr selber.
Wir müssen also mit dem, was wir haben, sorgsam umgehen. Das BAG empfiehlt die Grippeimpfung deshalb (wie in den Vorjahren) nun doch (nur) vor allem Risikopersonen: Ab 65 Jahren, Schwangeren, Menschen mit chronischen Krankheiten UND den engen Kontakten dieser Risikopersonen (auch Kinder ab 6 Monaten).
Wann sollte man impfen? Die Wirkung einer Grippeimpfung hält 4–6 Monate an, meistens kommt der Peak Anfang des Jahres. Also sollte man zuerst im Oktober die Risikopatienten mit Co-Erkrankungen oder in Pflegeheimen impfen und ab November den Rest (die über 65-Jährigen). Angesichts dessen ist es fraglich, ob der allgemeine Grippeimpftag im November wie bisher stattfindet.
In der Apotheke darf ich übrigens die wirklichen Risikopersonen nicht impfen: die mit Blutverdünner (außer Aspirin), die Schwangeren, Kleinkinder, Immunsupprimierten. Aber wer über 65 Jahre alt ist und sonst gesund, schon – und auch die engen Kontakte der Risikopersonen. Ich hoffe nur, der von uns bestellte Impfstoff reicht.
Ansonsten kann ich den Leuten im Herbst/Winter ja anbieten, zumindest die Zeckenimpfung gegen FSME zu machen. FSME – die Frühsommer-Hirnhautentzündung wird durch Viren verursacht und durch Zeckenstiche übertragen. Im Gegensatz zur Borreliose (die auch durch Zecken übertragen wird und wo man mit Antibiotika die bakterielle Infektion behandelt) kann man bei FSME nur symptomatisch behandeln – und es landen auch hier doch einige im Krankenhaus und haben lebenslange Folgeschäden. Aber mit einer Impfung kann man vorbeugen.
Das Risiko, bei einem Stich eine FSME zu bekommen, hat sich in den letzten Jahren stetig erhöht. 2018 hatten wir ein Zecken-Rekordjahr mit vielen Infizierten. Nach einem kleinen Rückgang letztes Jahr übertreffen wir dieses Jahr aber 2018 bei weitem. Der Grund dafür liegt heuer am Coronavirus-bedingten Lockdown. Es gingen viel mehr Leute raus in die Natur und wurden deshalb gestochen.
FSME kommt übrigens auch aus Asien und hat sich (vergleichsweise langsam) westwärts übers Land ausgebreitet. Das hat mit dem Beuteschema der Zecken zu tun: Kleine Zecken gehen eher auf Kleintiere (oft in Gruppen), z. B. Mäuse. Größere Zecken nehmen auch größere Tiere wie Hunde oder eben den Menschen. In Asien ist FSME ein größeres Problem als bei uns – und deshalb die Impfung unbedingt für Reisende in diese Länder (Japan, China, Mongolei, Russland, Korea und die „stans“ wie Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan oder Aserbaidschan) empfohlen. Dort gibt es aggressivere Zeckenarten und die Zeit im Jahr, in der es zur Übertragung kommen kann, ist wegen des wärmeren Klimas länger.
Die FSME breitet sich von Osten her via Schweiz auf den Rest von Europa aus, seit diesem Jahr auch in England – die Viren haben also den Kanal überschritten (via Maus wahrscheinlich). In der Schweiz sieht man die Entwicklung an den Risikokarten gut. Inzwischen ist die ganze Schweiz betroffen. Okay, ich könnte jetzt einen auf Asterix und Obelix machen und fragen: „Die ganze Schweiz?“ Nein. Das Tessin und (etwas unerklärlicherweise) Genf sind ausgenommen, obwohl es inzwischen auch da vereinzelt Herde gibt.
Die meisten Leser sind wohl ausreichend informiert und wissen, was jetzt kommt. Für alle anderen fasse ich nochmal zusammen, wan man alles über einen Zeckenbiss – Verzeihung, -stich – wissen sollte. Man spürt ihn nicht, so lange die Zecke dranhängt, sondern erst, wenn sie weg ist oder man sie entfernt. Ihr Speichel enthält ein Anästhetikum, wenn das weg ist, fängt es an, zu jucken. Wer aber eine Zecke findet, sollte sie schnellstmöglichst entfernen, dadurch wird das Risiko einer Übertragung verringert. Am besten sucht man sich nach einem Wald- und Wiesenspaziergang rasch ab. Ob man die Zecke jetzt abkratzt, abdreht oder abzieht (alles möglichst dicht an der Haut) ist egal – und es ist auch kein Weltuntergang, sollte doch ein Teil des Stechapparates in der Haut bleiben. Für den Körper ist das wie ein Sprissen (Holzsplitter). Gut desinfizieren und die Stelle für die Beobachtung markieren und in die Agenda schreiben. Wenn danach (binnen Tagen bis Wochen) Beschwerden auftreten, wie grippeartige Symptome, Hautrötungen etc., dann gehört das zum Arzt.
Die beste Zeit für die FSME-Impfung ist im Winter (zwei Mal im Abstand von mindestens einem Monat) und dann kann man im nächsten Winter die 3. Impfung machen, damit der Impfschutz lange gegeben ist. Wie lange? Für eine normale Person 10 Jahre, wer beruflich oft im Wald ist, mindestens 5 Jahre. Der Impfschutz, der erreicht werden kann, nimmt mit dem Alter ab. Für Impfungen allgemein gilt: Frauen, Nichtraucher und unter 30-Jährige haben die beste Impfantwort. Bei alten Leuten hat man eine schlechtere Immunantwort. Ab 85 könnte man so eine Impfung (wie die Grippeimpfung) auch lassen, deshalb ist der Schutz durch die Umgebung hier wichtig.
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