Die Spermien eines wervollen Zuchttieres gleich von mehreren Leihvätern produzieren lassen. Klingt wie Science Fiction? Wissenschaftler aus den USA konnten genau das jetzt nicht nur am Beispiel von Mäusen, sondern auch bei Nutztieren zeigen.
Einem US-amerikanischen Forscherteam gelang es, mittels Genome Editing und Stammzelltransplantation, das Genmaterial eines Spendertieres von Leihvätern produzieren zu lassen. Für Ihre „proof of concept“-Studie schalteten die Wissenschaftler zunächst ein für die männliche Fruchtbarkeit verantwortliches Gen bei „Leihvater“-Embryonen mittels CRISPR-Cas9-Genschere aus. Die männlichen Tiere kamen dann steril zur Welt, besaßen aber einen ansonsten voll funktionsfähigen Hoden.
Anschließend transplantierten sie spermaproduzierende Stammzellen ausgewählter Spendertiere in die Hoden der Leihväter. Die dann von den Rindern, Schweinen, Ziegen und Mäusen produzierten Spermien enthielten ausschließlich genetisches Material der Spender. Bei Mäusen gingen die Wissenschaftler noch einen Schritt weiter: Durch natürliche Verpaarung entstandene Nachkommen trugen ebenfalls nur die Gene des Spenders.
Als Anwendungsbeispiel nennen die Autoren der Studie die Tierzucht im Bereich der Nutztierhaltung. So könnten die Spermien eines ausgewählten Zuchtbullens von anderen Bullen produziert und zur Zucht genutzt werden. Aber auch zur Erhaltung gefährdeter Tierarten könne das Verfahren verwendet werden.
Dr. Björn Petersen, Wissenschaftler am Institut für Nutztiergenetik (ING) des Friedrich-Loeffler-Instituts sieht in den Ergebnissen der Arbeitsgruppe als bedeutsam für die weitere Forschung an. „Insbesondere die Feststellung der Spermaproduktion nach Transplantation von spermatogonialen Stammzellen (SSC) in Nutztieren stellt einen großen wissenschaftlichen Fortschritt dar.“ Gleichzeitig relativiert er jedoch auch die praktische Umsetzung der angewendeten Methoden für die Zukunft. „Einzustufen sind die präsentierten Ergebnisse bisher als reine Machbarkeitsstudie und eine zeitnahe Verwendung in der Tierzucht ist nicht realistisch.“
Die rechtliche Situation in Deutschland und Europa in Bezug auf „Leihvaterschaften” und Genome Editing bei Nutztieren sieht Petersen noch als ungeklärt. „Genomeditierte Tiere sind nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs als GVO (genveränderte Organismen) einzustufen, die einer weitgehenden Regulierung unterliegen. Eine spezielle Regelung zu Leihvaterschaften gibt es nicht, da diese Frage bisher nicht präsent war.“
Hier gibt es aus Sicht des Wissenschaftlers in Zukunft noch Handlungsbedarf seitens der Regierung. „Eine spannende Frage ist, wie Nachkommen aus dieser Methode einzustufen sind, da die SSCs nicht geneditiert wurden und von einem nicht-geneditierten Spender stammen.“ So müssten in nächster Zeit gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werde, die auch solche Methoden mit einschließen.
Zur Studie kommt ihr hier.
Bildquelle: Oliver Augustijn, unsplash