Schreiten Herzinsuffizienz oder schwerer Herzfehler voran, geht dies mit einem Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft einher. Der Mechanismus, der der kardialen Kachexie zugrunde liegt, konnte nun aufgeklärt werden. Er eröffnet möglicherweise neue Therapieansätze.
Patienten in fortgeschrittenen Stadien der Herzmuskelschwäche verlieren in der Regel insgesamt an Muskelmasse und Muskelkraft. Eine Tatsache, die sich negativ auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirkt und bislang mit einer schlechten Prognose verbunden ist. Der krankhaft voranschreitende Muskelabbau betrifft insbesondere die Skelettmuskulatur. Die verantwortlichen molekularen Signalwege hierfür waren bis jetzt noch nicht vollständig bekannt. Eine Ursache dieses Abbauprozesses liegt in dem System, das im Körper Blutdruck, Salz- und Wasserhaushalt reguliert, dem sogenannten Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS). Dieses ist im Krankheitsprozess einer kardialen Kachexie stark aktiviert und der Botenstoff Angiotensin II wird vermehrt gebildet. Angiotensin II ist ein Effektor-Peptid, das direkt auf den Muskel wirkt und dort den Proteinabbau steigert. Eine Verringerung der Muskelmasse ist die Folge.
Bisher werden herzinsuffiziente Patienten mit Medikamenten behandelt, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System hemmen. Das mindert den Muskelabbau für einige Zeit, doch herkömmliche Medikamente verlieren nach einigen Jahren ihre Wirksamkeit. Um neue Therapieansätze zu finden, haben die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Jens Fielitz, Kardiologe an der Charité und Arbeitsgruppenleiter am Experimental and Clinical Research Center (ECRC) nun den genauen Signalweg untersucht, der zum Proteinabbau im Muskel führt. Im Speziellen steigert Angiotensin II im Muskel die Herstellung eines Proteins mit dem Namen Muscle RING-finger 1 (MuRF1), das eine Schlüsselrolle beim Muskelabbau spielt. „Wir haben einen neuen Transkriptionsfaktor identifiziert und funktionell charakterisiert, der diesen Prozess reguliert. In Experimenten konnten wir ebenso Mechanismen aufzeigen, die sich hemmend oder aktivierend auf die MuRF1 Proteinproduktion auswirken und somit Muskelabbau reduzieren oder steigern“, sagt Privatdozent Dr. Fielitz. Er ergänzt: „Damit schließen wir eine entscheidende Lücke und beschreiben einen neuen Signalweg, der für das Entstehen einer kardialen Kachexie wichtig ist.“ Eine Unterdrückung dieses Signalweges könnte die durch Angiotensin II verursachte Muskelschwäche hemmen und somit therapeutisches Potenzial besitzen. Originalpublikation: Angiotensin II Induces Skeletal Muscle Atrophy by Activating TFEB-Mediated MuRF1 Expression Philipp Du Bois et al.; Circulation Research, June. 2015. doi: 10.1161/CIRCRESAHA.114.305393.