Eher zufällig wurden die Vorteile entdeckt, die SGLT2-Inhibitoren bei der Therapie chronischer Nierenerkrankungen bieten. Eine internationale Studie testet jetzt einen weiteren Wirkstoff aus der Gruppe auf Herz und Nieren – wortwörtlich.
Seit Jahren hat sich keine neue Behandlungsoption für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung als sicher und wirksam erwiesen, so dass auch kein neues Medikament in die klinische Praxis eingeführt werden konnte. Mit SGLT2-Inhibitoren steht nun eine neue Substanzklasse zur Verfügung, die sehr effektiv ist.
Zwei randomisierte kontrollierte Studien zeigen, dass Canagliflozin und Dapagliflozin das Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung bei allen Patienten verlangsamen, nicht nur bei Diabetikern. Dieser Durchbruch bei der Behandlung von Nierenerkrankungen geht auf eine Studie von Prof. Christoph Wanner zurück. Der Leiter der Klinischen Forschung und Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg und Präsident der ERA-EDTA, erkannte das Potential von SGLT2-Inhibitoren eher zufällig.
„Es ist erstaunlich, wie oft wichtige medizinische Innovationen aus zufälligen Entdeckungen resultieren“, sagt Wanner. „Wir wollten eine Therapie zur Verbesserung der kardiovaskulären Ergebnisse bei Personen mit Typ-2-Diabetes finden und entdeckten eine lang erwartete Behandlung, um das Fortschreiten chronischer Nierenerkrankungen zu verlangsamen, selbst bei Personen, die nicht an Typ-2-Diabetes leiden.“
Ein wichtiger Link fehlte jedoch noch. Bei etwa einem Drittel aller Nieren-Patienten ist Diabetes die Ursache für Nierenversagen, aber was ist mit den anderen zwei Dritteln? Können SGLT2-Hemmer auch diesen Patienten helfen und verhindern, dass sie eine Nierenerkrankung im Endstadium erreichen, die regelmäßige Dialysebehandlungen oder Nierentransplantationen erfordert?
Zur Beantwortung dieser Fragen wurde mit DAPA-CKD eine neue Studie initiiert und die Ergebnisse kürzlich auf dem virtuellen Kongress der European Societey of Cardiology (ESC) vorgestellt. „Die Therapie mit dem SGLT2-Inhibitor bei Patienten mit Nierenerkrankungen reduziert das Risiko eines Nierenversagen, schützt vor Herzschwäche und verlängert das Leben, unabhängig vom Diabetes-Status“, fasst Wanner zusammen. In der Doppelblindstudie wurden 4.031 Patienten entweder mit 10 mg/d Dapagliflozin oder Placebo behandelt.
Wegen des überwältigenden Vorteils der Patienten, die Dapagliflozin einnahmen, wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt hatten 197 DAPA-Patienten und 312 Placebo-Patienten den primären Endpunkt erlitten, welcher aus aus einem 50 prozentigen Abfall der Nierenfunktion beziehungsweise dem Erreichen einer terminalen Niereninsuffizienz, einem renalen oder kardiovaskulären Tod bestand. Das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 39 Prozent. Das kombinierte Risiko für einen Tod aus kardiovaskulärer Ursache oder eine Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz reduzierte sich signifikant um 29 Prozent.
Im Jahr zuvor wurde bereits in der DAPA-HF-Studie die Wirksamkeit des SGLT2-Hemmer Dapagliflozin in der Behandlung von Patienten mit einer chronischen Herzinsuffizienz belegt. In der neuen EMPEROR-Studie, an der auch Wanner beteiligt war und die jetzt auf dem virtuellen ESC-Kongress vorgestellt wurde, erwies sich ein weiterer SGLT2-Hemmer als äußerst wirksam in der Herzinsuffizienz-Therapie.
Empagliflozin konnte im Vergleich zum Placebo das Risiko für Klinikaufenthalte oder den Tod aufgrund einer Herzinsuffizienz um 25 Prozent reduzieren. Zudem hatten mit Empagliflozin behandelte Patienten ein geringeres Risiko für schwerwiegende Nierenerkrankungen.
Mit der internationalen Studie EMPA-KIDNEY baut Wanner in Kooperation mit der University of Oxford auf diese Erkenntnisse auf. Für die Studie werden insgesamt 5.000 Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung untersucht.
Zur Pressemitteilung des Universitätsklinikums Würzburg geht es hier.
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