Ich kann diese Frage kaum noch hören. Dabei würde ich CBD-Produkte grundsätzlich gerne anbieten, mit fundierter Beratung und Sicherheit für die Kunden. Und genau hier liegt das Problem.
Beim Thema CBD verdreht gefühlt jeder zweite Apothekenmitarbeiter die Augen gen Himmel. Um das Thema scheint es keine Ruhe mehr zu geben. Und während sich die EU noch überlegt, ob es nun ein Novel-Food oder ein Betäubungsmittel sein soll, schießen halbseidene Angebote in allen Städten wie Pilze aus dem Boden.
Sich als Apotheke einfach nur herauszuhalten und das ganze Thema medizinisch-pharmazeutischen Laien zu überlassen, ist hier auf jeden Fall fehl am Platz.
Auch im Netz findet man wenig schmeichelhafte Aussagen, wenn man nach CBD und Apotheke googelt.
Quelle: BioCBD
Ist das wirklich so – zucken die Apothekenmitarbeiter mit den Schultern oder werfen sie sogar die fragenden Kunden hinaus? Letzteres Szenario kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, ersteres auch nur sehr bedingt. Wer eine Indikation zu CBD sucht, der wird spätestens im DAC/NRF fündig, denn hier gibt es eine Monografie für eine Rezepturherstellung – die ölige Cannabidiol-Lösung 50mg/ml und 1oomg/ml NRF 22.10. Dort findet man die gesicherten Informationen zu Wirkweise, eine Dosierungsanleitung und die möglichen Nebenwirkungen, die bei Einnahme auftreten können.
„Cannabidiol ist das wichtigste der natürlichen Cannabinoide des Indischen Hanfs ohne berauschende Wirkung. Cannabidiol bindet an die zentralen Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2, hat jedoch nur sehr geringe Rezeptoraffinität und fungiert als indirekter Antagonist für Rezeptoragonisten. Für Cannabidiol sind zahlreiche therapeutische Effekte beschrieben, u. a. bei REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD). Seine antioxidative Wirkung sowie antiinflammatorische, antikonvulsive, antiemetische, anxiolytische, hypnotische oder antipsychotische Effekte geben möglicherweise eine rationale Perspektive zur Behandlung bestimmter Nervenentzündungen, Epilepsie, Schwindel, Erbrechen, Angstzustände und Schizophrenie sowie im Zusammenhang mit neurodegenerativen oder Krebs-Erkrankungen. Diese bedürfen einer ärztlichen (Differential-) Diagnose und individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung.“
Diese Rezeptur ist verschreibungspflichtig und das aus guten Gründen, wenn man sich die Liste der Nebenwirkungen betrachtet, die im Beipackzettel des Orphan-Drugs Epidyolex® mit dem Wirkstoff CBD aufgeführt sind. Mit diesen Informationen an der Hand lässt sich der fragende Kunde wenigstens grob beraten. Und wenn die Indikation passt, er keine Vorschädigung der Leber hat und keine Medikamente einnimmt, die Wechselwirkungen mit CBD aufweisen, dann kann er mit diesen fundierten Informationen auch zu seinem Hausarzt gehen und fragen, was dieser davon hält.
Leider haben wir in den letzten Monaten eine ungute Entwicklung auf dem Markt. Überall entstehen Verkaufspunkte für CBD-Produkte, Hanföl und Pseudoarzneimittel, die keine übergeordnete Stelle prüft und die schlimmstenfalls von Friseuren, Kaffee- und Tabakläden abgegeben und beraten werden. Und das auch, weil die rechtliche Situation des CBD-Verkaufs nach wie vor auf so wackligen Füßen steht, dass sich die meisten Apotheker nicht trauen, etwas zu verkaufen, mit dem sie vielleicht in einen Konflikt mit dem Gesetz kommen könnten.
Wird ein CBD-Extrakt aber nicht von einer sicheren Stelle aus vertrieben, so kann sich der Anwender weder sicher sein, dass die angegebene Dosierung stimmt, noch dass in der kleinen Flasche, die er beim Friseur für 50–100€ erstanden, hat überhaupt CBD enthalten ist. Schlimmstenfalls gibt es keine Kontrolle und systemische Nebenwirkungen bleiben so lange unerkannt, bis sich irreparable Folgeschäden einstellen.
Zur Zeit scheint die einzige rechtlich unbedenkliche Möglichkeit, in der Apotheke etwas an den Kunden abzugeben, das Präparat Rubaxx® Cannabis zu sein, das versucht, auf der CBD-Welle mitzuschwimmen. Hier handelt es sich allerdings keinesfalls um ein echtes CBD-Produkt, sondern – wie manche Apotheker wenig schmeichelhaft betonen – um ein aromatisiertes und überteuertes Salatöl aus Hanfsamensaat. Es ist daher also eher als Placebo zu werten.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die rechtliche Situation schnell dahingehend klärt, dass die Apotheken ein offenbar recht wirksames Mittel an die Hand bekommen, um den Patienten in der Selbstmedikation zu helfen. Gleichzeitig muss auch der Vertrieb über medizinische und pharmazeutische Laien ein Ende finden.
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