Kürzlich stellte Elon Musk ein Gehirnimplantat vor, das die Medizin revolutionieren soll. Aber ist das wirklich neu?
Während Elon Musk derzeit in Sachen Impfstoffentwicklung in Deutschland unterwegs ist, sorgte der Tesla-Gründer am Freitag mit einer anderen Aktion für Aufmerksamkeit: Schweine mit implantierten Gehirn-Chips.
In nur vier Jahren seit der Gründung von Neuralink konnte Elon Musk über 100 Ingenieure und Wissenschaftler rekrutieren, die sich einzig mit der Aufgabe beschäftigen, bisher existierende Gehirnimplantate weiterzuentwickeln und zu verbessern. Forschungsgemeinschaften können von so einer Schaffenskraft nur träumen. Auch schafft er es, das Interesse von Menschen für Technik und Wissenschaft zu wecken. Davon könnten sich Universitäten und Forschungseinrichtungen ebenfalls eine Scheibe abschneiden.
Fortschritte darf man feiern, allerdings darf man sich Elon Musks Vorstöße auch mal kritisch anschauen. MIT Technology Review etwa bezeichnet Musks Präsentation des Gehirnimplantats Neuralink als Theater als „neuroscience theater“. Weder sei die Technologie neu, die Musk präsentiere, noch würden sich die Versprechen in absehbarer Zeit halten lassen, lautet die Erklärung.
Musk hatte eine „atemberaubende“ Demonstration von feuernden Neuronen in einem lebenden Gehirn angekündigt. Erst während der Präsentation verkündete er, dass es sich um die Gehirne von Schweinen handele.
Auf einem Smartphone waren Töne zu hören, die die feuernden Neuronen im Gehirn eines der Schweine darstellten. Für Neurowissenschaftler allerdings nichts Atemberaubendes. Seit Jahrzehnten lassen sich feuernde Neuronen im Gehirn sicht- und hörbar machen, sogar beim Menschen. Einzig die kabellose Verbindung zum Smartphone könnte man als fortschrittlich bezeichnen.
„Ich denke nicht, dass die Präsentation irgendetwas Revolutionäres hergab“, sagt Andrew Jackson, Professor für Neural Interfaces an der Newcastle University, gegenüber dem Science Media Center. Die Technik an sich sei zwar gut, aus neurowissenschaftlicher Sicht aber eher mittelmäßig.
Musk beschreibt sein Implantat auf der Präsentation als „eine Art Fitbit [Fitness-Tracker] im Schädel, mit winzigen Drähten“ und verspricht: Gelähmte sollen dadurch eines Tages wieder laufen, Blinde wieder sehen und Gehörlose wieder hören können. Das Implantat solle neurologische Erkrankungen sowie Depressionen und Schlafstörungen heilen. Die Liste möglicher Anwendungen ist lang. Aber darf man Hoffnungen in der Medizin derart in die Höhe treiben, die vielleicht nie eintreten werden?
Noch ist unklar, wie ernst Neuralink es mit dem Einsatz im medizinischen Kontext tatsächlich meint. Weitere Pläne, wie eine mögliche klinische Studie, hat Musk noch nicht präsentiert. Und wie immer ist das mit der Übertragbarkeit von Tierversuchen auf den Menschen so eine Sache.
Fazit: Mit Neuralink gesellt sich Musks Vision zu zahlreichen bereits existierenden Gehirn-Implantat-Projekten. Revolutionär ist es zwar nicht, doch durch Inszenierungen, wie Musk sie schafft, erreicht er eine breite Masse mit zukunftsgerichteten Ideen. Natürlich war die Produkt-Präsentation auch ein sehr guter Publicity-Stunt, der Musks Fangemeinde noch weiter anwachsen lässt.
Bildquelle: Adam Patterson, unsplash