Dass Kinderärzte angeblich dringend die Grippeimpfung für Kinder empfehlen, war neulich in vielen Zeitungsberichten Thema. Als Pädiater sage ich: Bleiben wir realistisch.
Die Headline „Kinderärzte empfehlen Grippeimpfung für Kinder“ geht momentan durch die Presse. Auslöser war ein Interview mit Johannes Hübner, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Pädriatische Infektiologie. Hier ein paar Gedanken, die ich mir zu dem Thema gemacht habe.
Klar wäre es schön, wenn alle Kinder gegen Influenza geimpft werden. Sie sind Hauptvektoren und geben das Virus gerne an Risikogruppen wie Großeltern weiter. Erkranken können sie natürlich auch, und jede impfpräventable Erkrankung wollen wir vermeiden.
Aber: Das Robert-Koch-Institut hat an seinen Empfehlungen nichts geändert. Grundsätzlich empfiehlt es die Influenza-Impfung nur chronisch kranken Patienten bzw. ab 60. Lebensjahr.
Hier übrigens das diesjährige Epidemiologische Bulletin des RKI zur Grippeimpfung. Dort ist von keiner Änderung der Empfehlungen für Kinder (ab Seite 28) zu lesen.
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Es kann hier auch nicht schaden, ein paar Schritte weiterzudenken. Bleiben wir realistisch: Wollten wir alle Kinder impfen, bliebe eventuell kein Impfstoff für die chronisch Kranken übrig. Ganz abgesehen von den Kapazitäten übernehmen viele Krankenkassen die Influenzaimpfung nur nach STIKO-Empfehlung, also nur bei Chronikern.
Bei uns in der Praxis impfen wir z. B. Asthmatiker, Diabetiker oder Herzkinder und ihre Familien. Da in Baden-Württemberg das Sozialministerium eine Grippeimpfung für alle Bürger empfiehlt, wird hier die Impfung auch durch alle Kassen bezahlt. Wer also eine Impfung wünscht, bekommt sie auch. Aber es gilt: Zuerst die Risikogruppen!
Inzwischen hat sich auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) geäußert – unter anderem in Form einer Antwort auf meinen Twitter-Post.
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„Prof. Hübner (DGPI) hat am Wochenende gefordert, alle Kinder sollen gegen Influenza geimpft werden. Diese Forderung ist schwer umsetzbar, denn es mangelt an Impfstoffen für alle“, beginnt der Tweet.
Die wichtigsten Auszüge:
„Die Forderung sollten wir jedoch zum Anlass nehmen, die Gruppe der Risikopatienten unter den Kindern und Jugendlichen in dieser Impfsaison besser gegen Influenza zu impfen. […] Die begrenzte Verfügbarkeit des Impfstoffes macht es derzeit erforderlich zu priorisieren. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die jährliche Grippeimpfung allen Kindern, die ein höheres Risiko für Komplikationen besitzen, weil sie unter bestimmten Vorerkrankungen leiden, z. B.
Bildquelle: Charles Deluvio, Unsplash