Ein Forschungsprojekt kommt zu dem Schluss, dass hebammengeleitete Kreißsäle Vorteile für Gebärende und Hebammen bietet. Es komme zum Beispiel zu weniger Interventionen. Voraussetzung: eine unkomplizierte Schwangerschaft.
In einem Forschungsprojekt wird der Hebammenkreißsaal als gynäkologisches Versorgungsmodell untersucht. Es trägt den Namen „Geburt im hebammengeleiteten Kreißsaal (GEscHIcK) – Entscheidungsabläufe, Qualitätssicherung und ‚Best Practice‘ Modell“. Die Autoren einer aktuellen Bestandsaufnahme kommen zu dem Schluss, dass sowohl die Gebärenden als auch die Hebammen selbst von Geburten dieser Art profitieren.
Hebammengeleitete Kreißsäle (HGK) haben Geburten ohne operative Eingriffe und Schmerzmittel zum Ziel. Es kann zwar jederzeit ein Arzt hinzugeholt werden, doch eine oder mehrere Hebammen betreuen Geburten hier eigenverantwortlich. Mit Erfolg, so das Ergebnis: Es kam im untersuchten Zeitraum in den HGK zu verkürzten Geburtszeiten, weniger Dammschnitten und seltener vaginal-operativ beendeten Geburten. Auch Schmerzmittel wurden weniger oft gegeben.
Für die betreuenden Hebammen böten HGK die Chance auf mehr Zufriedenheit im Beruf. „Hebammen sehen in dem Konzept eine Chance zur Wiedererlangung ihrer originären Hebammentätigkeit. Dies meint insbesondere eine größere Autonomie bezüglich der Betreuung sowie eine engere Bindung zur Gebärenden“, heißt es im Text. Eine grundsätzliche Voraussetzung seien eine gesunde Mutter, ein gesundes Kind und eine umkompliziert verlaufene Schwangerschaft.
Die Bestandsaufnahme könnt ihr hier im Detail nachlesen.
Update vom 2. September 2020:
Auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) hat sich zur Bestandsaufnahme geäußert. Man müsse berücksichtigen, dass in 90 Prozent aller Geburten die Anwesenheit eines ärztlichen Geburtshelfers für für die Sicherheit von Mutter und Kind unabdingbar sei. Zudem liege die Weiterleitungsrate in einen ärztlich geführten Kreissaal bei etwa 50 Prozent.
Dennoch begrüßt die DGGG, dass nun überhaupt erstmals konkrete Zahlen zu HGK vorliegen. Auch sei die erhöhte Berufszufriedenheit der dort beschäftigten Hebammen nicht zu unterschätzen. Damit das Modell funktioniere, sei also eine flächendeckende Betreuung durch Hebammen wichtig. „Eine 1:2-Betreuung, noch besser eine 1:1-Betreuung durch Hebammen ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit“, erklärte DGGG-Präsident Anton Scharl. Angesichts der nun vorliegenden Zahlen müsse aber auch die ärztliche Gebursthilfe gefördert werden, um sichere Geburten zu gewährleisten. Damit kritisiert die DGGG – gemeinsam mit dem Deutschen Hebammenverband (DHV) – auch den aktuellen Entwurf des Versorgungsverbesserungsgesetzes.
Zur Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe geht es hier.
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