Influenza-Viren verbreiten sich vornehmlich über winzige Tröpfchen in der Luft. Doch welche Rolle spielen aufgewirbelte Staubkörnchen und abgestoßene Hautschuppen?
Eigentlich interessierte sich das Team aus Mikrobiologen, Chemieingenieuren und Aerosol-Spezialisten von der University of California für folgende Frage: Welche Umweltfaktoren beeinflussen die verschiedenen Übertragunswege von Influenza-Viren? Die Gruppe beschäftigte sich dabei speziell mit der Übertragung über die Luft, also der aerogenen Infektion.
Doch in Experimenten mit Meerschweinchen haben die Forscher eine ungewöhnliche Entdeckung gemacht. In mehreren Versuchen konnten sie zeigen, dass sich Meerschweinchen nicht durch Viruspartikel infizieren, die durch das Ausatmen in die Luft gelangt sind – es sich also nicht um eine aerogene Infektion handelte. Stattdessen stellten sie fest, dass Staubwolken hier anscheinend eine viel größere Rolle spielten. Ihre Studie ist in Nature Communications erschienen.
In einem ihrer Experimente etwa infizierten sie ein Meerschweinchen und ließen es sich dann erholen, sodass es gegen den eingesetzten Influenza-A-Stamm immun war. Damit stieß es keine Viren mehr über die Atmewege aus.
Dann verteilten sie eine Flüssigkeit, die das Virus enthielt, auf dem Fell des Tieres und ließen es trocknen. Einige Tage später erkrankte ein Tier im Nachbarkäfig. Die einzige Erklärung dafür ist laut der Forscher, dass das Virus vom Fell in die Luft gelangen konnte und dann vom Nachbartier eingeatmet wurde.
In diesem Fall handelt es sich also eigentlich um eine Infektion über Kontaktflächen, die mikroskopisch klein sind. Die Forscher nennen dies aerosolierte Infektionsträger (aerosolized fomites). Und so könnte es ablaufen: Die Viren verteilen sich vom Fell des Tieres über den gesamten Käfig und haften sich an feinste Härchen und Staubkörnchen. Bei jeder Bewegung wird der Staub und damit auch die Viren aufgewirbelt. Diese infektiöse Staubwolke verteilt sich dann über die Luft weiter.
Diese Hypothese wird unter Wissenschaftlern zwar schon länger diskutiert, die neue Studie bietet jetzt aber erste experimentelle Hinweise. Eine Influenza-Infektion über die Luft muss demnach nicht immer direkt über die ausgeatmeten Viruspartikel erfolgen. Die Partikel könnten sich auch erst an die Mikrofasern unserer Kleidung, unsere Hautschuppen und die Staubkörner in unserer Umgebung klammern. Und mit jeder Bewegung werden diese Partikel aufgewirbelt und in die Luft geschleudert.
Das muss allerdings nicht heißen, dass dies der Hauptübertragungsweg von Influenza-Viren ist. Es ist aber immerhin ein weiterer Übertragungsweg, über den man sich bisher nicht allzu viele Gedanken gemacht hat.
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