Die Ursachen für Insulinresistenz sind bisher nicht genau geklärt. Jetzt haben Wissenschaftler eine bestimmte Variante eines Gens entdeckt. Sie beeinträchtigt die Reaktion des Gehirns auf das Hormon Insulin.
Das Gehirn spielt eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist diese Regulation jedoch häufig gestört. Forscher des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Diabetes Zentrums (DZD) haben jetzt herausgefunden, dass bei Männern eine genetische Variante des Gens DUSP8 (Dual Specificity Phosphatase 8) die Reaktion des Gehirns auf das Hormon Insulin beeinträchtigt und so das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen kann. Die Ergebnisse wurden jetzt im Journal of Clinical Investigations veröffentlicht.
Das Hormon Insulin reguliert den Blutzuckerspiegel im Körper. Es regt nicht nur Körperzellen an, Glukose aus dem Blut aufzunehmen, sondern spielt auch bei der Kontrolle des Stoffwechsels durch das Gehirn eine wichtige Rolle. Bei fettleibigen Menschen wirkt das Hormon Insulin – vermutlich auch aufgrund von entzündlichen Prozessen – nicht mehr richtig. Diese Insulinresistenz ist ein wesentliches Kennzeichen für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. Allerdings sind die Ursachen für eine Insulinresistenz nicht genau geklärt. In neueren genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) wurde DUSP8 als ein Risikogen für Typ-2-Diabetes identifiziert. In der aktuellen Studie untersuchten Wissenschaftler, welche Rolle das Protein Dusp8, das vom Gen DUSP8 codiert wird, bei der Krankheitsentstehung spielt.
„Träger einer genetischen Variante des Gens DUSP8 haben ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Bisher weiß man allerdings noch nicht, welche funktionelle Bedeutung das Protein Dusp8 für die Entwicklung der Stoffwechselerkrankung hat“, erklärt Dr. Sonja C. Schriever, Hauptautorin der Studie. „In unseren Untersuchungen analysierten wir zelluläre Modelle, Mäuse mit und ohne Dusp8-Gen sowie funktionelle Magnetresonanztomographien von Menschen mit Varianten des Gens“, berichtet Letztautor Prof. Paul Pfluger. „Wir konnten zeigen, dass es wichtige Weichen für die Wirkung von Insulin im Gehirn und für den Glukosestoffwechsel stellt“, sagt Pfluger.
Das Protein Dusp8 hat einen regulatorischen Einfluss auf Entzündungsprozesse im Gehirn im Bereich des Hypothalamus sowie auf den hormonellen Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde. Es scheint unter anderem vor Entzündungsprozessen sowie vor einer verminderten Wirkung des Hormons Insulin im Gehirn zu schützen.
Im Tiermodell konnten die Forscher zeigen, dass bei männlichen, aber nicht bei weiblichen Tieren, denen Dusp8 fehlt und die daher nicht das entsprechende Protein bilden konnten, entzündliche Prozesse zunahmen. Außerdem war der Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde gestört, es wurden verstärkt Stresshormone gebildet und in Folge dessen sank die Insulinsensitivität. Die geschlechtsspezifische Wirkung von Dusp8 konnte für den Menschen bestätigt werden, da nur bei Männern, die Träger der Risikovariante des Gens DUSP8 waren, die Insulinsensitivität im Gehirn verringert war.
„Die Aufklärung der multisystemischen Prozesse, welche die Insulinsensitivität im Hypothalamus in den Mausmodellen beeinträchtigen, war ein wichtiger Schritt, um die mechanistischen Grundlagen des Typ-2-Diabetes-Risikogens DUSP8 zu verstehen“, sagt Schriever. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler untersuchen, welche Wirkung Insulin und die Risikovariante des Gens DUSP8 bei menschlichen Probanden mit oder ohne Typ-2-Diabetes auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse haben.
Zur vollständigen Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung geht es hier.
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