Bei Pankreaskarzinom-Patienten drückt der Tumor auf den benachbarten Gallengang. Die hierdurch entstehende Cholestase kann zu einer gesteigerten Insulinresistenz führen. Nach einer Pankreatektomie kann sich der Glukosewert bei Patienten mit akuter Pankreatitis verbessern.
Ein Zusammenhang zwischen Bauchspeicheldrüsenkrebs und Diabetes ist seit geraumer Zeit bekannt. Sekundär durch einen Pankreastumor entstehender Diabetes mellitus wird als Typ-3c-Diabetes bezeichnet. Der genaue Mechanismus hinter dieser Korrelation war bis dato ungeklärt. Die aktuellen Ergebnisse der Abteilung für Chirurgie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus unter Prof. Weitz und der Forschungsgruppe für Molekulare Diabetologie unter Prof. Solimena weisen darauf hin, dass es eine chirurgisch-reversible Form des Diabetes gibt, die grundsätzlich von anderen Formen des Diabetes unterschieden werden muss. Als Ursache für die Entstehung dieses spezifischen, chirurgisch-reversiblen Diabetes-Subtyps vermuten die Wissenschaftler auf Basis ihrer Studiendaten, dass der Tumor der Bauchspeicheldrüse auf den benachbarten Gallengang drückt. Dadurch kann es zu einem ganz oder teilweisen Verschluss kommen, wodurch eine Cholestase entsteht. Als Folge kann die Leberfunktion beeinträchtigt werden und zu einer gesteigerten Insulinresistenz und damit einem Diabetes führen. „Mit unserer erfolgreichen Studie beschreiben wir einen neuen, nach Entfernung des Tumors oft reversiblen Diabetestyp, der durch die Stauung der Gallengänge in der Leber und der dadurch hervorgerufenen Insulinresistenz ausgelöst wird“, erläutert Prof. Solimena. Die Autoren beschreiben diesen von ihnen neu definierten, nach Tumorresektion reversiblen Diabetes-Subtyp entsprechend als „Cholestase-induzierten Diabetes.“
An der Studie nahmen 84 Patienten teil, die einen Teil des Pankreas aufgrund einer chronischen Pankreatitis sowie benigner oder maligner pankreatischer Tumore entfernen lassen mussten. Unmittelbar vor der Operation und drei Monate danach wurden unter anderem ein 120-minütiger oraler Glukosetoleranztest durchgeführt, der Nüchternglukosewert und eine Reihe von Co-Variablen erfasst. Anhand ihrer Glukosewerte drei Monate nach der Operation wurden die Patienten in drei Gruppen eingeteilt: verschlechterte Glukosewerte, stabile Glukosewerte oder verbesserte Glukosewerte. Patienten, die bezüglich ihrer Glukosekontrolle von einer partiellen Pankreatektomie profitierten, wiesen der Untersuchung zufolge präoperativ eine pathologische orale Glukosetoleranz auf. Die Diagnose einer Glukose-Dysregulation lag weniger als 6 Monate vor der Operation, sie waren überwiegend älter als 50 Jahre und die Serum-Marker für einen Tumor, für akute Pankreatitis, für einen Verschluss des Gallengangs und für Leberzell-Schäden waren vor der Operation erhöht. Diese normalisierten sich postoperativ, und zwar unabhängig von der Art des Pankreas-Tumors. Keine Verbesserung des Glukosemetabolismus durch partielle Pankreatektomie konnte dagegen bei Patienten mit chronischer Pankreatitis oder linksseitiger Resektion des Pankreas detektiert werden.
Die Ergebnisse dieser Studie könnten Ärzte dabei unterstützen, die postoperativen metabolischen Konsequenzen einer Pankreas-Resektion genauer einzuschätzen und die Aufklärung betroffener Patienten entsprechend zu verbessern. Zudem ergänzt die Untersuchung nach Auffassung der Wissenschaftler bisherige Befunde zur Assoziation von Diabetes und Pankreas-Karzinomen und zeigt, dass auch der Tumor selbst Hyperglykämie aufgrund von Leberzell-Schäden induzieren kann. Außerdem könnte eine zeitweise Kontrolle des Gallengangs, von Pankreas und Leberzell-Parametern während der ersten Monate nach Diagnose einer Glukosestoffwechselstörung bei über 50-jährigen Patienten als ein effizienter und praktikabler Filter für ein Screening auf Pankreastumoren fungieren. Originalpublikation: Blood Glucose Homeostasis in the Course of Partial Pancreatectomy – Evidence for Surgically Reversible Diabetes Induced by Cholestasis Florian Ehehalt et al.; PLoS One, doi: 10.1371/journal.pone.0134140; 2015