UV-Strahlung kann Viren oder Bakterien abtöten, aber auch gefährlich sein. Könnte fernes UVC als harmlosere Variante breitere Anwendung finden – und auch gegen SARS-CoV-2 helfen?
Nicht erst seit der Corona-Pandemie suchen Ärzte nach Möglichkeiten, Viren oder Bakterien zu inaktivieren, ohne Chemikalien einzusetzen. Im Labor verwendet man UV-Lichtquellen mit unterschiedlichem Spektralbereich. Beispielsweise emittieren Quecksilberdampflampen UV-Strahlung bezogen auf den Spektralbereich nahes UVA, mittleres UVB und fernes UVC.
Dieses Spektrum hat zwei gewichtige Nachteile: Es ist karzinogen und erzeugt ohne Schutz auch Katarakte. Deshalb kommen solche Lichtquellen nur bei Geräten oder bei Räumen ohne Personen zum Einsatz. Doch Wissenschaftler kamen schon 2018 auf eine andere Idee.
Sie wollten herausfinden, ob sich fernes UVC-Licht zwischen 207 und 222 nm im Kampf gegen Pathogene eignen könnte. Dieser spezielle Bereich im Spektrum gefährdet die Haut von Säugetieren nicht und führt auch im Auge nicht zu Schäden.
Im Experiment zeigte David Welch vom Columbia University Medical Center, New York, dass diese Strahlungskomponente H1N1-Grippeviren effektiv inaktivierte. „Kontinuierlich sehr niedrig dosiertes fernes UVC-Licht in öffentlichen Innenräumen ist ein vielversprechendes, sicheres und kostengünstiges Mittel zur Reduzierung der Ausbreitung aerogen übertragener mikrobieller Krankheiten“, schrieb Welch damals im Artikel.
Das Columbia University Medical Center ließ nicht locker. Im Juni 2020 erschienen neue Ergebnisse zum Verfahren. Manuela Buonanno verwendete ein spezielles Nebelgerät, um zwei häufig vorkommende humane Coronaviren, nämlich HCoV-229E und HCoV-OC43, in Aerosole zu verpacken. Diese Schwebeteilchen wurden mit fernem UVC bestahlt.
Die Forscher fanden heraus, dass eine kontinuierliche Exposition mit fernem UVC 90 Prozent aller in der Luft befindlichen Viren in etwa 8 Minuten, 95 Prozent in 11 Minuten, 99 Prozent in 16 Minuten und 99,9 in 25 Minuten abtötet. „Die Empfindlichkeit der Coronaviren gegenüber fernem UVC-Licht legt nahe, dass es machbar und sicher sein kann, ferne UVC-Deckenlampen in besetzten öffentlichen Innenräumen zu verwenden, um das Risiko einer Übertragung von Coronaviren und anderen Viren von Mensch zu Mensch deutlich zu verringern“, so das Fazit der Autoren.
In einer separaten laufenden Studie testet Buonanno auch die Wirksamkeit von fernem UVC-Licht gegen SARS-CoV-2 in der Luft. „Vorläufige Daten legen nahe, dass Fern-UVC-Licht SARS-CoV-2 genauso effektiv abtötet“, heißt es im Artikel.
Koautor David Brenner, ebenfalls am Columbia University Medical Center tätig, sieht perspektivisch vielfältige Einsatzmöglichkeiten: „Da die Verwendung von fernem UVC in Räumen wie Krankenhäusern, Bussen, Flugzeugen, Zügen, Bahnhöfen, Schulen, Restaurants, Büros, Theatern, Fitnessstudios und überall dort, wo sich Menschen in Innenräumen versammeln, sicher ist, kann es in Kombination mit anderen Maßnahmen, wie dem Tragen von Gesichtsmasken und Händewaschen, die Übertragung von SARS-CoV-2 und anderen Viren begrenzen.“
Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch Fragen bleiben offen:
Nichtsdestotrotz hält die UV-Strahlung langsam Einzug in die stationäre Versorgung. Beispielsweise haben Blue Ocean Robotics/UVD Robots einen Roboter entwickelt, der autonom durch – noch leere – Krankenhauszimmer fährt und die Umgebung mit normalem UVC entkeimt. Fernes UVC kommt hier nicht zum Einsatz.
Bildquelle: John Adams, unsplash