Eine 44-jährige Frau stellt sich mit Übelkeit, Erbrechen, Muskelschmerzen und Fieber vor. Der Hausarzt überweist sie sofort in ein Krankenhaus.
Eine 44-jährige Vietnamesin stellt sich mit Übelkeit, Erbrechen, Muskelschmerzen und Fieber bei ihrem Hausarzt vor. Bekannte Vorerkrankungen sind Bluthochdruck sowie Hypothyreose, weshalb sie Hydrochlorthiazid und Levothyroxin einnimmt. Zusätzlich gibt die Patientin an, 6 Tabletten Paracetamol 325mg und 2 Tabletten Ibuprofen 400mg eingenommen zu haben. Drogen- und Zigarettenkonsum verneint die Patientin, gelegentlich trinke sie Alkohol. Da sie beim Hausarzt hypotensiv ist, weist dieser sie in das nächstgelegenen Krankenhaus ein.
In der Notaufnahme ist sie wach und orientiert, ihr Abdomen ist diffus druckempfindlich. Bei der Einlieferung ist eine Sache sofort auffällig: Die Laborwerte. Der AST-Wert beträgt 7565 U/l, der ALT-Wert 4891 U/l, das Gesamtbilirubin 3,9 mg/dL, die alkalische Phosphatase misst 77 U/l, die INR liegt bei 1,8 und der Kreatininwert beträgt 1,7 mg/dL. Aufgrund dieser Werte nehmen die Ärzte ein akutes Leberversagen an. Es besteht dringender Handlungsbedarf, weshalb die Patientin sofort auf eine Intensivstation verlegt wird. Dort soll dann der Ursache auf den Grund gegangen werden. Doch die gesamte virale Serologie einschließlich Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis C, HIV, EBV, Adenovirus und Influenza ist negativ. ANA, Anti-smAb und Anti-mAb sind ebenfalls negativ. In der Sonographie zeigt sich eine makrovesikuläre Steatose.
Als die Ärzte in der Familie weitere Nachforschungen anstellen, erhalten sie einen entscheidenden Hinweis: Die Angehörigen berichten, die Frau würde als rituelle Handlung jeden Tag ein heiliges Zeremonialpapier, sogenanntes Joss Paper, verbrennen und als Tee zubereiten. Dieses Joss paper wird traditionell aus Bambus- oder Reispapier hergestellt und mit Metallfolie oder mit Tusche verziert. Die Ärzte lassen eine Probe des Papiers analysieren, welches die Patientin verwendet hatte. Darin finden sie hohe Quecksilberwerte, sowie Spuren von Kupfer, Arsen und Eisen. Daraufhin nehmen sie der Patientin erneut Blut ab. Tatsächlich sind der Quecksilber- und Arsenwert mit 12 μg/L bzw. 5,3 μg/L erhöht.
Auf der Intensivstation erhält die Patientin N-Acetylcystein, um dem hohen Paracetamolspiegel entgegen zu wirken. Zusätzlich bekommt sie eine intravenöse Antibiose und Flüssigkeit. Doch die Patientin entwickelt innerhalb kürzester Zeit eine Enzephalopathie, weshalb sie intubationspflichtig wird. Später hat sie mehrere Krampfanfälle, weshalb sie Lorazepam und Propofol erhält. CT-Aufnahmen liefern Hinweise auf einen Hirnprolaps und bei einer neurologischen Untersuchung fällt auf, dass sämtliche Hirnstammreflexe erloschen sind. Daher wird die Frau für hirntot erklärt. Auf Wunsch der Familie wird sie anschließend autopsiert. Dabei zeigen sich eine deutliche Steatosis, Inflammation und Nekrosen. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Todesursache Leberversagen aufgrund der Kombination aus Paracetamol und Quecksilber war.
Textquelle: Deepak et al. / Medical Case ReportsBildquelle: Boudewijn Huysmans, unsplash