Über den Nutzen der Misteltherapie wird immer wieder diskutiert. Eine Review erntete kürzlich Kritik – sie entspreche nicht den wissenschaftlichen Standards. Unser Experte schätzt die Lage für euch ein.
Immer wieder wird über den Nutzen der Misteltherapie als komplementärmedizinische Ergänzung zur onkologischen Therapie diskutiert. Eine jetzt ausgewertete Review zum Thema stieß auf Kritik – die Autoren waren darin zum Schluss gekommen, dass ein positiver Effekt der Misteltherapie nicht nachweisbar sei, weder im Hinblick auf Überleben, noch Lebensqualität. Allerdings weise die Arbeit erhebliche Mägel auf.
„Die Debatte um die Wirksamkeit der Misteltherapie wird immer wieder kontrovers geführt. Wir müssen uns dabei auf Daten stützen können, die wissenschaftlichen Standards entsprechen“, meint unter anderem Prof. Harald Matthes, Ärztlicher Leiter des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe und Inhaber der Stiftungsprofessur an der Charité Universitätsmedizin Berlin, gegenüber dem Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMID). „Das ist beim vorliegenden Review jedoch nicht der Fall, so dass aus der Arbeit keine aussagekräftigen Schlussfolgerungen gezogen werden können.“
Oliver Overheu, Assistenzarzt in der Hämatologie und Onkologie und Experte für „Krebsgespür. Der Onko-Kanal“, mahnt: „Im Allgemeinen gilt für die Misteltherapie, ebenso wie für die Komplementärmedizin im Allgemeinen, dass diese – wie der Name schon sagt – nur ergänzend zur onkologischen Tumortherapie erfolgen sollte und diese auf keinen Fall ersetzt. Die Anwendung sollte immer nur in enger Absprache mit dem behandelnden Onkologen erfolgen, um einen möglichen Nutzen und mögliche Nebenwirkungen bewerten zu können.“
Allerdings: „Eine wissenschaftliche Beschäftigung ist wünschenswert, um gegebenenfalls auch evidenzbasiert einen möglichen Nutzen belegen zu können. Zur Fertigstellung im Herbst diesen Jahres ist eine S3-Leitlinie ‚Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen’ angekündigt - dieser werden voraussichtlich klare Anwendungsempfehlungen zu entnehmen sein.“
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