Am 28. Juli ist Welt-Hepatitis Tag – ein Tag, der weltweit auf Prävention, Diagnostik und Behandlung virusbedingter Hepatitiden aufmerksam macht. In den vergangen Jahren hat sich besonders im Bereich der Hepatitis-C-Therapie viel getan: Die Einführung direkt antiviral wirkender Medikamente (DAAs) markierte einen Wendepunkt – mit Auswirkungen, die bis in die Transplantationsmedizin reichen. Wie wurde die Transplantationsmedizin durch DAAs verändert? Und warum ist Hepatitisvorsorge auch ein Hoffnungsträger im Kampf gegen den Organmangel?
Mit der Entwicklung wirksamer antiviraler Medikamente („direct antiviral agents“, DAA) gegen Hepatitis C (HCV) wurden die Therapiemöglichkeiten in nur wenigen Jahren revolutioniert. Die DAA-Therapie ist pangenotypisch wirksam und ermöglicht HCV-Heilungsraten von fast 100 Prozent.1 Seit der Einführung dieser Behandlungsmöglichkeiten im Jahr 2014 ist der Bedarf an Lebertransplantationen aufgrund von Hepatitis C deutlich gesunken. Noch vor einigen Jahren war HCV eine der häufigsten Ursachen für Lebererkrankungen, die eine Transplantation erforderlich machten. In den Jahren 2010 bis 2014 waren mehr als 15 Prozent der Patient*innen aufgrund einer Hepatitis C auf der Warteliste für eine Lebertransplantation; 2020 war dieser Anteil auf nur noch 5,9 Prozent gesunken.2 Durch den Rückgang der Lebertransplantationen, die aufgrund von Hepatitis C notwendig sind, besteht nun für Patienten mit anderen Lebererkrankungen, die nicht heilbar sind, eine erhöhte Chance auf Transplantation.2
Auch die Spenderkriterien wurden durch den Zugang zur DAA-Therapie angepasst: Lange galt eine HCV-Infektion als Ausschlusskriterium für eine Organspende. Heute gilt eine HCV-Infektion nur noch als erweitertes Spenderkriterium und schließt die Transplantation eines HCV-positiven Organs nicht mehr kategorisch aus.3
Dies ist vor allem durch die Entwicklung interferonfreier DAA-Kombinationen möglich, die auch immunsupprimierten Patientinnen neue Behandlungsmöglichkeiten bieten – und damit auch für Menschen nach Lebertransplantationen.1 Zum Einsatz HCV-positiver Organe bei ebenfalls HCV-positiven Empfängern gibt es bereits sehr gute Therapieergebnisse.4 Aber auch zum Einsatz HCV-positiver Organe bei HCV-negativen Empfängern liefern Studien vielversprechende Ergebnisse: Zwar trat bei allen lebenden Empfängern eines HCV-positiven Organs auch eine Virämie auf, doch betrug die Heilungsrate 100 Prozent sofern die antivirale Behandlung erfolgte.5 Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass auch eine präventive medikamentöse Anti-HCV-Behandlung gesunder Empfänger eine Infektion bei Transplantation eines HCV-positiven Organs verhindern kann.6,7
Doch nicht nur die neuen Behandlungsmöglichkeiten in Hinblick auf Hepatitis C stellen einen Hoffnungsträger dar. Auch die verbesserte Utilisierung steatotischer Lebern könnte den Spenderpool entscheidend erweitern. Hierzu bedarf es jedoch zunächst einer Standardisierung bei der Beurteilung des Schweregrads der Steatose. Hier könnte der Einsatz einer digitalen Bildgebungssoftware genauer quantifizierbare und besser reproduzierbare Ergebnisse liefern. Zudem könnte die Rate verworfener Organe minimiert werden, da bei der klassischen Blickdiagnose das Ausmaß der Steatose tendenziell überschätzt wird.8 Doch auch bei vielen langjährig etablierten Scores wie beispielsweise dem Donor Risk Index (DRI) bedarf es einer grundlegenden Reevaluation. Sie können im Laufe der Zeit an prädiktiver Aussagekraft einbüßen, beispielsweise wenn sich die Transplantationsbedingungen verändern.9
Aus hepatologischer Sicht könnte der Spenderpool durch die Verwendung HCV-infizierter Organe aber auch durch die Berücksichtigung steatotischer Lebern maßgeblich erweitert werden. Forscher aus den USA haben hierzu bereits Zahlen vorgelegt: Wenn infizierte und nicht-infizierte Organe gleichbehandelt würden, gäbe es jährlich etwa 30 zusätzliche Lebertransplantationen.10
Trotz dieser Fortschritte bleibt die Situation angespannt: Im Jahr 2024 wurden in Deutschland insgesamt 890 Lebertransplantationen durchgeführt, während gleichzeitig 1.529 Patient*innen auf der Warteliste standen.11 Damit übersteigt die Nachfrage nach Spenderorganen weiterhin deutlich das Angebot. Der World Hepatitis Day erinnert daran, dass Aufklärung, Screening und Versorgung Hand in Hand gehen müssen. Im Sinne des Ziels der Weltgesundheitsorganisation, Hepatitis C bis 2030 weltweit zu eliminieren, ist jede frühzeitig behandelte Infektion nicht nur ein individueller Erfolg, sondern auch ein Schritt hin zu einem nachhaltig stabileren Spenderorganpool.
Referenzen:
Bildquelle: iStock.com/ jarun011