Mehr Unabhängigkeit von internationaler Produktion und eine eigene Seuchenschutzbehörde: Das ist ein Teil der Forderungen, die Jens Spahn aus den Lehren der Corona-Krise ableitet.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat große Pläne. In der Zeit der Ratspräsidentschaft Deutschlands möchte er die Gesundheitspolitik stärker in den Fokus rücken. Sowohl die Impfstoffentwicklung als auch der sichere grenzüberschreitende Umgang mit Patientendaten und die häufig undurchsichtigen Lieferketten bei Medikamenten und Wirkstoffen waren Themen, die er mit den Gesundheitsministern der anderen EU-Länder jetzt bei einer informellen Tagung besprach.
Interessant war hier vor allem, dass über die Stärkung des European Center for Disease Control (ECDC) über zusätzliche Fördermittel eine schlagkräftige europäische Seuchenschutzbehörde aufgebaut werden soll.
Spahn betonte, dass Deutschland „keine Ankündigungs-, sondern eine Umsetzungspräsidentschaft“ anstrebe, was viele Mitarbeiter im Gesundheitswesen sicherlich sehr gerne hören. Die Unabhängigkeit von den großen Weltmärkten in puncto Masken- und Wirkstoffherstellung wäre sehr zu begrüßen.
Auch dass die Arzneimittelproduktion vermehrt wieder in die EU-Länder zurückkehrt, ist eine alte Forderung nicht nur der Apothekerschaft. Sie hat sich nun während der Corona-Pandemie bekräftigt und ist offenbar endlich zur Politik durchgedrungen. Spahn kündigte dazu eine entsprechende pharmazeutische Strategie innerhalb der nächsten Monate an.
Diese Ankündigungen zeigen ganz klar die Richtung vor: Man will innerhalb der EU unabhängiger werden von Drittländern, die in der Vergangenheit häufig unzuverlässig oder intransparent agierten.
Als Beispiele seien hier nur die zahlreichen Lieferengpässe von Medikamenten mit Wirkstoffproduktion in Drittweltländern genannt, die versuchte Einflussnahme chinesischer Diplomaten auf die Berichterstattung über den Umgang mit der Coronapandemie in Deutschland oder der Rückzug der USA aus der WHO, den Spahn als „herben Rückschlag für die internationale Zusammenarbeit“ bezeichnete.
Duch die Corona-Pandemie wurde der Finger in die offene Wunden gelegt, die von der Politik unbeachtet schon seit vielen Jahren schwärt. Die Hoffnung bleibt, dass sich zumindest in dieser Hinsicht nun etwas bewegt, und dass die EU-Länder hier mehr Einigkeit beweisen, als auf anderen Feldern in der Politik. Andernfalls wird die Umsetzung all dieser großen Ziele schwerer, als Spahn es bei der Pressekonferenz im Anschluss an die informelle Tagung dargestellt hat.
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