Falschmeldungen, Probleme bei der Bluetooth-Verbindung und nicht genügend verbundene Labors: Die Corona-Warn-App weist immer noch einige Schwächen auf. Wir haben für euch nachgehakt.
Seit dem 16. Juni 2020 kann die offizielle Corona-Warn-App auf Smartphones installiert werden. Dafür haben sich mehr als 16 Millionen User bereits entschieden – eigentlich ein gewaltiger Erfolg, hätte es nicht technische Probleme gegeben. Ein Überblick.
User müssen nach der Installation die Funktion „Risiko-Ermittlung“ einschalten. Ihr Smartphone sendet bis zu vier Mal pro Sekunde Signale mit Bluetooth Low Energy, empfängt sie aber auch von räumlich nahen Geräten. Signalstärke sowie Datum und Uhrzeit und die Dauer des Empfangs werden lokal für zwei Wochen gespeichert. Dies geschieht über ein Verschlüsselungsverfahren.
Wer sich mit SARS-CoV-2 infiziert hat, kann dies selbst, über das diagnostische Labor oder das Gesundheitsamt an den Server melden. Per Download empfängt das Smartphone verschlüsselte Daten von Smartphones, deren Besitzer positiv getestet worden sind. Beim Abgleich wird nachgesehen, ob es lokal verschlüsselte Daten – also Begegnungen – gibt. Daraus ermittelt die App dann ein mögliches Risiko. Doch das hat zeitweilig nicht geklappt.
„In ihrer Grundfunktion hat die App zu jeder Zeit funktioniert, also der Austausch anonymer Schlüssel bei Begegnungen mit anderen Personen, die die App nutzen“, erklärt Alina Hesse gegenüber DocCheck. Sie ist Referentin für Health und Pharma bei Bitkom. Auch der Abgleich mit den Schlüsseln infizierter Personen beim Öffnen der App sei zu jeder Zeit möglich gewesen.
„Nicht zu jeder Zeit hat die Hintergrundaktualisierung der App funktioniert, also der automatische Abgleich dieser Schlüssel im Hintergrund“, so die Expertin weiter. Das bedeute, die aktuellen Schlüssel positiv getesteter Personen seien nur heruntergeladen worden, wenn die App geöffnet gewesen sei. Hesse: „Ursache dafür waren spezielle Eigenschaften der jeweiligen Handy-Betriebssysteme.“ Einige Smartphone-Hersteller, die auf das Betriebssystem Android setzen, hatten eine automatische Hintergrundaktualisierung in ihren Geräten unterdrückt, damit die Geräte an Akkuleistung sparen. Unter iOS von Apple hatte ein grundlegendes Planungstool des Betriebssystems die zeitweisen Probleme verursacht.
„Sowohl für Android-Handys als auch für Apple-Geräte stehen inzwischen Updates für die Corona-Warn-App zur Verfügung, mit denen diese Probleme behoben wurden“, berichtet Hesse. Ihre Einschätzung: „Die Corona-Warn-App funktioniert und kann eine ganz zentrale Rolle in der Bekämpfung der Pandemie spielen, wenn sie von genügend Menschen genutzt wird.“ Aber auch mit App heiße es weiterhin: Distanz halten, Mund-Nase-Maske tragen und auf die Hygiene achten.
Der von Hesse erwähnte Bug war womöglich schon länger bekannt. Laut Recherchen von tagesschau.de haben auf der Open-Source-Plattform GitHub IT-Experten bereits ab dem 21. Juni, also wenige Tage nach dem Livegang, Bugs diskutiert. Daran beteiligten sich ab dem 30. Juni wohl auch mehrere Programmierer von SAP als Entwickler der App.
„Open-Source-Prozess heißt mehr, als den Code nur einmal am Anfang ins Netz zu stellen“, kritisiert Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag. „Es heißt, das zu nutzen, was man als Feedback bekommt – und zwar kontinuierlich und so schnell wie möglich. Genau das haben die Entwickler nicht gemacht.“ Was kein Update beheben kann: Das Vertrauen vieler Bürger in die Corona-Warn-App ist dahin.
Insofern bleibt es dabei, dass die App nur eine von vielen möglichen Maßnahmen darstellt. Weitaus effektiver sind neben der Handhygiene, dem Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und dem Social Distancing sicher verpflichtende Corona-Tests bei der Einreise aus Risikogebieten.
Bildquelle: Ben Hershey/Unsplash